Schwarz und Weiß und nichts dazwischen

Viele Farben Weiß sieht der Keramikkünstler und Autor Edmund de Waal, wenn er sich weißes Porzellan anschaut. Seine eigenen Stücke oder antike, egal. Der Autor von „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ hat ein neues Buch geschrieben. Es heißt „The White Road“ und beschreibt den Weg der Porzellanproduktion über die Jahrhunderte. Weiß spielt darin eine zentrale Rolle. Der Clou: Weiß kitzelt das Auge nur, befriedigt es nicht, ist eine Handlungsaufforderung, eine Projektionsfläche, verweist auf eine andere, lichtere Welt, macht auch Angst. Das weiße Blatt Papier, die weiße Leinwand, der „white cube“ in der Kunst. Weiß verspricht Neutralität und Funktionalität – es ist die Lieblingsfarbe der Moderne.
Schwarz hingegen gehört den Romantikern und Existentialisten, vom Schauerroman des 19. Jahrhunderts bis zum poetischen Realismus des Film noir. Schwarz und Weiß, die Antagonisten werden im Glücksfall zu Partnern, wenn es um Erkenntnisse geht, wenn man den Tag von der Nacht zu unterscheiden lernt und das schwarz auf weiß niederschreiben kann. Das Gegenteil ist der Fall, wenn man sich in Schwarz-Weiß-Denken einzementiert. Im heutigen Europa der schwindenden Gewissheiten scheint diese Entweder-oder-Haltung die Gesellschaft zu spalten: in pro und contra EU, Flüchtlinge, Griechenlandhilfe, … Ist die Farbe Grau etwa doch unterbewertet?

Ólafur Elíasson. Die Krümmung der Zeit

ein Filmprojekt mit Walter Reichl und Arnulf Auerboeck

Er bringt den Nebel ins Kunsthaus Bregenz, die Sonne in die Tate Modern, Regenbögen ins Museum und die isländischen Geysire seiner Kindheit in den Ausstellungsraum: der in Dänemark geborene, in Island aufgewachsene, in Berlin lebende und weltweit agierende Künstler Olafur Eliasson. Es mag ja als Banalität gelten, dass man Kunstwerke, vor allem Skulpturen und Installationen persönlich erlebt haben muss, um sie begreifen zu können, um ihre Wirkung erfahren zu können, bei Olafur Eliasson ist es aber unabdingbar, live „dabei“ zu sein. Keine Reproduktion der Welt – und seien die Fotos noch so schön – kann das „Erlebnis“ seiner Installationen ersetzen. Raffiniert spielt Eliasson mit der Wahrnehmung, ruft beim Betrachter im Kunstraum eigene Naturerfahrungen ab: Nebelstimmungen, Sonnenuntergänge, Horizontlinien….. So kunstdistanziert kann kaum jemand sein, dass er Eliassons Lichtspielen nicht ein persönliches Erlebnispotential abgewinnen könnte…….

mehr Infos und Fotos von den Dreharbeiten: nächste Seite!

Latifah Echakhch

Die französische Künstlerin Latifa Echakhch ist ein aufgehender Stern am internationalen Kunsthimmel. Mit ihren Installationen schafft sie Bilder, die so stark wie poetisch das Weltgeschehen reflektieren, von der Intifada bis zum Anschlag auf Charlie Hebdo. Ihr Fokus liegt dabei auf dem Zusammentreffen von westlicher und arabischer Kultur. Ohne besonders „laut“ zu sein, haben Latifa Echakhchs Werke viel Aufmerksamkeit bekommen, in anerkannten Kunstinstitutionen wie dem Centre Pompidou oder auf der Biennale in Venedig. Derzeit kann man sich im Lentos in Linz mit den Arbeiten der Künstlerin vertraut machen.

VELÁZQUEZ und eine Krone für die Kunst

Eine Bilderreise von Ines Mitterer
Dokumentation 32 min.

Wer bei Diego Rodriguez de Silva y Velázquez ausschließlich an eine vergangene Größe denkt, der liegt ziemlich falsch. Das wird in diesem Film recht bald klar. Nicht nur für viele Kunstliebhaber auch für berühmte Künstler ist Velázquez, Hofmaler des spanischen Habsburgers Philipp IV, nach wie vor unerreichbares Vorbild und „simply the best“.
Herbert Brandl bewundert seine kühle, legere Art, scheinbar nur den Pinsel auszuwischen und dabei einige der größten Gemälde der Kunstgeschichte zu schaffen. Dem angesehenen chinesischen Künstler Chen Danking – Studienkollege und Freund Ai Weiweis – hat Velázquez während der Kulturrevolution sogar das Leben gerettet. Doch wer war dieser Mr. Cool, der „Maler der Maler“, wie ihn Manet genannt hat und von dem so wenig Persönliches bekannt ist?? Wer war der Mann hinter den Bildern, rätselhaften Meisterwerken wie „Las Meninas“ oder „Die Spinnerinnen“?
Trotz umfassender Kenntnisse und viel Erfahrung stellt sich Sylvia Ferino, die Direktorin der Gemäldesammlung des Kunsthistorischen Museums in Wien, diese Frage auch immer wieder. Sie bereitet für ihr Museum die erste große Velázquez Ausstellung in diesen Breiten vor. Und der in unüberschaubar vielen Abhandlungen von allen Seiten beleuchtete Künstler vermag sie immer noch zu überraschen.
Francesca Habsburg, selbst Förderin der Künste, fasziniert das Verhältnis zwischen Mäzen und Hofmaler und der literarisch wie kunstgeschichtlich gleichermaßen geschulte Cartoonist Nicolas Mahler begleitet die Suche nach dem Künstler hinter der Leinwand mit treffsicheren Federstrichen.

art brut now

Ausgangspunkt der Fragestellung ist die Schwerpunktsetzung der vergangenen Biennale, bei der der Kurator Massimo Gioni mit seinem im internationalen Feuilleton ebenso be- wie entgeistert rezipierten Konzept des Palazzo Enciclopedico ungewöhnlich vielen Künstlern aus dem Bereich der Art Brut bzw. Outsider Art ebenso Raum gegeben hat wie Größen einer etablierten Kunstszene. August Walla, Oswald Tschirtner, Johann Hauser, Franz Kernbeis, Johann Garber oder Karl Vondal prägen bis heute – als „Künstler aus Gugging“ – weltweit das Bild der Art Brut entscheidend mit. Umso wichtiger ist für eine Kunst-Institution wie Gugging die Frage nach Sein und Heutigkeit einer nach wie vor nicht ausnahmslos anerkannten Kunst.

Es diskutieren: Johann Feilacher, Künstlerischer Leiter des museum gugging, im Gespräch mit Max Hollein, Direktor der Schirn Kunsthalle, Frankfurt, Thomas Röske, Leiter der Sammlung Prinzhorn der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg, Tim Sommer, Chefredakteur von art. Das Kunstmagazin, Susanne Zander, Leiterin der Galerie Zander, Köln.

Die Podiumsdiskussion findet bei freiem Eintritt im Novomatic Forum Wien, Friedrichstraße 7, 1010 Wien statt.

Yoko Ono: die berühmteste unbekannte Künstlerin der Welt

Sie gehört immer noch zu den meistgehassten Frauen der letzten 50 Jahre, und das, obwohl das ihr unterstellte „Delikt“ schon beinahe genau so lange her ist: diese kleine, zähe, zierliche Japanerin habe durch ihre Beziehung mit John Lennon die Beatles auseinandergebracht, so die Mär. Da hilft es nicht, wenn selbst Paul McCartney dieses böse Gerücht inzwischen dementiert. Berühmt ist sie also als Frau an Lennons Seite. Warum sie ihn aber kennengelernt und fasziniert hat, das war lange Zeit hinter der „Legende vom Genie und der Hexe“ alias „The Ballad of John & Yoko“ versteckt: Yoko Ono war eine hochproduktive und anerkannte Künstlerin und Musikerin, als sie der Beatle 1966 in einer Londoner Galerie kennenlernte. Sie gehörte zur New Yorker Fluxus Bewegung, die Kunst wegbringen wollte von ihrem Status als teure Trophäe der Eliten – und zurückbringen, mitten hinein ins Leben. Sie war Avantgarde-Musikerin im Umfeld von John Cage, der ihr sein berühmtes Stück 4‘33“ gewidmet hat. Und sie war eine Frau, eine ausländische Künstlerin in einer männlich dominierten Kunstwelt, früh mit Fragen der Emanzipation konfrontiert. Erst in den letzten 10 Jahren hat man den enormen Schatz an so gesellschaftskritischen wie poetischen Kunstwerken dieser widerspenstigen Japanerin aus gutem Hause gehoben, neu bewertet und in diversen Ausstellungen gezeigt. Ergänzt durch neue Werke, wie etwa „Arising“, einer Rauminstallation zum Thema Gewalt gegen Frauen, auf der letzten Biennale in Venedig. Denn mit ihren 80 Jahren ist diese Künstlerin weder müde noch bitter. Auf ihren Konzerten tanzt, singt und schreit sie – Markenzeichen der klassisch ausgebildeten Sängerin – wie eine 17-jährige. John Lennons Schatten mag groß sein – von ihm stammt übrigens der Ausspruch, den wir als Sendungstitel gewählt haben – Yoko Ono läßt sich heute nicht mehr übersehen.

Sendungshinweis:
„Die berühmteste unbekannte Künstlerin der Welt – Diagonal zur Person Yoko Ono“ Samstag, 08. Februar, 17.05h

Warhol, Basquiat & Ich. Chronik einer ungewöhnlichen Freundschaft

Die beiden Künstler Andy Warhol und Jean-Michel Basquiat vereinte nach aussen hin ein Interesse: reich und berühmt zu sein.
Das ist ihnen hinreichend gelungen, wie man weiss. Ihre Bilder sind teuer, die Menschen dahinter verblasst. „Warhol“, „Basquiat“ – Namen wie Logos aus der Luxusbranche. Und sonst noch? Die Freundschaft der beiden so verschiedenen Künstler und die dabei entstanden Werke, die „Collaborations“ zeigen Brüche, Reibeflächen und Lebendigkeiten, die schon lange unter der glatten Oberfläche der Hochglanzauktionskataloge verschwunden waren. Zwar höhnten Medien und Kunstszene, der junge Basquiat sei nicht mehr als Warhols „Maskottchen“ oder Warhol der „blutsaugende Vampir“, der sich durch die kraftstrotzende Energie des Jüngeren künstlerisch am Leben erhält. Freunde und Weggefährten, wie der Fotograf Billy Name, der Multimilliardär und Sammler Peter Brant oder Basquiats Lebensgefährtin Jennifer Goode, sprechen hingegen von einer beispiellosen Künstlerfreundschaft.
Und dass Warhol und Basquiat ihre Freundschaft und Zusammenarbeit mehr bedeutete als die simple Gleichung „berühmt plus berühmt ist noch berühmter“, davon erzählt nicht zuletzt der Mann, der die beiden zusammengebracht hat, der Schweizer Galerist Bruno Bischofberger. Ein rarer Einblick in persönliches Erleben, Hoffnungen, Enttäuschungen, Witz und Traurigkeiten hinter der teuren Superstarfassade.

Miquel Barceló

Der derzeit wohl berühmteste lebende Künstler Spaniens Miquel Barceló ist vor allem für seine Porträts, Stillleben und Keramikarbeiten bekannt. Seine Werke verraten viel über seinen sinnlichen Zugang zur Welt und changieren zwischen Werden und Vergehen. Das Wiener Kunstforum auf der Freyung zeigt ab 12. Dezember die erste große Retrospektive Barcelós im deutschsprachigen Raum.
Ein Beitrag über den in Mallorca geborenen, ebenso in Paris und Mali lebenden, bodenständigen und direkten Künstler, der den Fisch in der Früh fängt, dann malt und anschließend isst oder seinen Verfall in üppigen Farbschichten auf Leinwand festhält.

Marina Abramović – die unerbittliche Schmerzensfrau der Performance

Wer 1997 auf der Biennale in Venedig war, dem jagt der Gedanke an dieses Bild und diesen Ton noch heute die Gänsehaut über den Körper. Da sitzt Marina Abramović im finsteren Keller inmitten eines Knochenberges, schabt mit einer scharfen Klinge stinkende Fleischreste von einem Rinderknochen und singt dazu Partisanenlieder aus ihrer Kindheit.

Für „Balkan Baroque“, ihre Reaktion auf den Jugoslawienkrieg, bekam die 1946 in Belgrad geborene Künstlerin dann auch den Goldenen Löwen. Eine von vielen Auszeichnungen – eine von vielen Ausstellungen an den wichtigsten Kunstorten der Welt.
Marina Abramović hat Hochkonjunktur, ihre Biografie verwandelte Theaterikone Bob Wilson in ein Theaterstück, die Performance erlebt eine Renaissance.

Abramovićs Kunst geht unter die Haut – die der Künstlerin, die des Publikums. Sie nimmt den Schmerz bei ihren Performances nicht in Kauf, sie sucht ihn. Sie ritzt sich den roten Stern ihrer kommunistischen Jugend in die Bauchdecke, sitzt mehr als 700 Stunden bewegungslos auf einem Sessel im MOMA, oder liegt nackt auf Eisblöcken oder in einem brennenden Ring. Sie trennt sich von ihrem langjährigen Lebenspartner Ulay, indem sich die beiden 90 Tage lang aufeinander zu bewegten, wobei das Treffen am Ende den endgültigen Abschied bedeutete. „Bei lebendigem Leib“ setzt sich die inzwischen 66-jährige der Gewalt dieser Gesellschaft, den Zumutungen dieses Lebens aus. Voll Pathos, Leidenschaft und traumhaft/albtraumhaft schönen Bildern, in die sie ihren – oft nackten – Körper immer wieder zwingt. Bei gleichbleibender Intensität bis heute.