Die grüne Welle. Diagonal zum Thema Pflanzen

Moderation: Ines MittererRegie: P.Waldenberger/P.Erdmann

17.06.2023

Sign.:

Musik: Automate / Gemüseorchester

Zitat Coccia vergessen

Wir sprechen kaum von ihnen und vergessen ihre Namen. Die Philosophie hat sie schon immer vernachlässigt, mehr aus Geringschätzung denn aus Unachtsamkeit. Sie sind kosmisches Ornament, unwesentlicher Farbtupfer am Rande unseres kognitiven Feldes. In den modernen Metropolen sieht man sie als überflüssigen Klimbim der Stadtverschönerung. Vor den Toren der Stadt sind sie Gäste – als Unkraut – oder Gegenstand der Massenproduktion. Die Pflanzen sind die immer offene Wunde der metaphysischen Arroganz, die unsere Kultur definiert.

Mod.: Arroganz und Ignoranz markieren vielfach unsere Einstellung gegenüber 80% der Biomasse dieser Erde, meint der Philosoph Emanuele Coccia und der Biologe Stefano Mancuso wundert sich …..

TED OT Arche Noah where are the plants

Voice over: Da gibt es einen fundamentalen Fehler in der Geschichte von der Arche Noah: die Frage ist: wo sind die Pflanzen? Hier haben wir Gott, der die Erde überfluten wird, für eine lange Zeit, und niemand kümmert sich um die Pflanzen. Noah muss 2 von jeder Vogelart mitnehmen, von jeder Kreatur, die sich bewegt, aber Pflanzen werden nicht erwähnt, warum?

Mod.: Schlecht lektoriert, die Bibel. Denn, wie sollten denn diese Tiere im Bauch des Schiffes, der Arche, dann wohl überlebt haben?

TED mancuso arche noah no living creatures

Voice over: An einer anderen Stelle heisst es, dass nur diejenigen lebende Wesen sind, die in der Arche gerettet worden waren. Vögel, wilde Tiere …. Pflanzen sind demnach keine Lebewesen. Das ist der Punkt und diese Vorstellung beschränkt sich nicht nur auf die Bibel, sie begleitet die Menschheit seit je.

Mod.:  Sie produzieren nicht nur den Sauerstoff, der alle am Leben hält. Sie haben unsere Welt wie sie ist, geschaffen, die Atmosphäre erst erzeugt. Pflanzen liefern unsere Nahrung, auch wenn wir Tiere essen. Sämtliche fossile Energien – Erdöl, Kohle oder Gas sind auch nichts anderes als Sonnenenergie, die vor Jahrmillionen von Pflanzen umgewandelt und gespeichert wurde, merkt Stefano Mancuso in seinem Buch „Pflanzenrevolution“ an und die meisten Wirkstoffe in unseren Arzneimitteln stammen von: Pflanzen. Sie liefern relevante Baumaterialien genauso wie das Papier, auf dem unsere Sendungsmanuskripte gedruckt sindund sogar die Instrumente für die Musik, die sie gerade hören.

MUSIK: Automate / Gemüseorchester

Mod.: Pflanzen haben schon vor Urzeiten optimale Lösungen für die  Probleme entwickelt, mit denen wir heute zu tun haben: Energieversorgung, Resilienz oder Anpassungsstrategien. Dafür könnten wir ihnen schon öfter einmal ein Loblied singen. Wir tun das heute in den kommenden zwei Stunden.

MK: Diagonal zum Thema Pflanzen. Die grüne Welle, präsentiert von Ines Mitterer

Mod.: Bäume, Büsche, Blumen, Kräuter, Stauden, Moose, Flechten, Getreide und Algen ranken sich durch die Sendung und liefern Inspirationen für besseres Klima, gesündere Ernährung, schonendere Energiegewinnung, geschickteres Überleben und sogar soziales Zusammenleben. Noch einmal Emanuele Coccia bei seinem Vortrag in Harvard:

OT Coccia Harvard Paradigmenwechsel

Voice over: Da gab es in der Biologie den Paradigmenwechsel, dass man sich von der Idee verabschiedet hat, dass Kampf und Krieg die wichtigsten Faktoren der Evolution seien und man angefangen hat, zu denken, dass Solidarität oder gegenseitige Hilfe viel wichtiger für das Weiterkommen des Lebens ist. Und in dem Sinne haben Pflanzen viel zu sagen. Viel mehr als Tiere, schon allein aufgrund der Tatsache, dass der Hauptakt der Agression im Königreich der Tiere darin besteht, dass jeder jeden frisst. Das gibt es bei den Pflanzen nicht.

Mod.: Nur, weil sie nicht vom Fleck kommen, heisst das nicht, dass Pflanzen nicht intelligent wären: sie können kommunizieren, sich anpassen, können lernen und sich erinnern – bloß tun sie das ganz anders als Menschen und Tiere mit ihrem zentralen Denkorgan, dem Gehirn. Bei Pflanzen ist alles dezentral, alles überall, was es schwieriger macht, sie zu zerstören.

OT mancuso keine individuen hund in zwei tot, pflanze vermehrt

Voice over: Pflanzen sind keine Individuen – ein großer Unterschied zu den Tieren. Individuum bedeutet „nicht teilbar“. Wenn ich also einen Hund nehme und ihn in der Mitte auseinanderschneide, töte ich ihn. Wenn ich eine Pflanze nehme und sie in 100 Teile schneide, dann vermehre ich sie.

Mod.: Stefano Mancuso, der Biologe und Emanuele Coccia, der Philosoph, sie begleiten uns heute und werfen immer wieder Anregungen ein. Ausserdem haben wir folgende Punkte auf unserem Sendungsplan.

ATMO: für Mod Algenblubbern

MK: Die Wunderwuzzis aus dem Meer

Mod.: Sie sind die Urahnen aller modernen Pflanzen und Hoffnungsträger für die Zukunft: Algen. Als Lebensmittel, Dünger, Kunststoffproduzenten werden sie gerade groß gehandelt. Kevin Krsnak war in einer High-Tech-Algenzucht und das im Binnenland Österreich!

MK: Frau Li und Herr Liu im Schlaraffenland

Mod.: Wir hatten es so nicht vor, aber dann war Horst Widmer einkaufen und essen – bei Menschen, die am chinesischen Meer sozialisiert worden sind und so ist auch das kulinarische Highlight dieser Sendung: die Alge, ob Seetang, Nori, Kombu oder Wakami.

MK: Nachhaltige Landwirtschaft und Klimaschutz aus dem Labor

Mod.: Warum hält die eine Getreidesorte Trockenstress besser aus als andere? Kann man tropische Wälder neu pflanzen oder weshalb beherrscht die Psychotria verschiedene Arten der Fotosynthese? Am Institut für Molekularbiologie der Uni Wien untersucht man Pflanzen in ihren kleinsten Bausteinen und zieht daraus Schlüsse, die der Landwirtschaft dienen oder durch die Kultivierung tropischer Wälder dem Weltklima. Mit dem Molekularbiologen Wolfram Weckwerth waren wir im Gewächshaus.

MK: Bioautomaten oder Lebewesen?

Mod.: Wie sollen wir Pflanzen behandeln? Haben sie Anspruch auf ein Pflanzenschutzrecht ähnlich dem Tierschutzrecht? Diesen Fragen widmet sich die Pflanzenethik – befeuert durch jüngste Forschungsergebnisse, die zeigen, dass Pflanzen auf Stress reagieren und dabei bestimmte Töne von sich geben. Was das für unseren Umgang mit dem Vegetabilen bedeutet, versucht Sabrina Adlbrecht zu ergründen.

MK: Kleinkraut und Musik

Mod.: Astrid Schwarz läßt sich von dem Künstler Matthias Meinharter vegetabile Synthesizer erklären und vorspielen und die chilenische Künstlerin Patricia Dominguez verlinkt das Pflanzenwissen südamerikanischer indigener Spezialisten mit der Expertise des CERN. In Diagonals Feinem Musiksalon gedenkt Thomas Mießgang heute der unvergleichlichen Astrud Gilberto und davor wächst und grünt und sprießt es musikalisch in Garten und Wald, auf Wiesen und auf Feldern ….

Den Einstieg macht die Mexikanerin Natalia Lafourcade – sie singt über alle Blumen – de todas las flores.

MUSIK: PFL Musik Natalia Lafourcade – De todas las flores​​ca. 3.00​​​

Mod.: Natalia Lafourcade war im Garten und hat sich verloren zwischen Rosen und Bougainvilleen. Diagonal heute zum Thema Pflanzen. Die grüne Welle. Denn langsam tut sich etwas und Zeitgenossinnen widmen dem Grünzeugs schon mehr Augenmerk als noch vor ein paar Jahren. Den italienischen Biologen Stefano Mancuso vom Institut für Pflanzenneurologie der Universität Florenz freut das, versucht er doch seit langem, auf die „Intelligenz der Pflanzen“ hinzweisen, wie eines seiner Bücher heisst, das massive, vom Menschen verursachte Artensterben im Pflanzenreich anzuprangen und mehr Rechte für Pflanzen zu fordern, die schließlich die Lebensgrundlage von allen anderen Wesen auf diesem schönen blauen Planeten sind.

Mancuso Zitat 2

Heute gibt es keinen Flecken Erde, der nicht von Pflanzen besiedelt wäre. Auch wenn die Schätzungen der pflanzlichen Biomasse recht unterschiedlich sind, sprechen alle den Pflanzen mindestens 80 Prozent der Gesamtmasse zu. Anders gesagt: Die Pflanzen machen mindestens 80 Prozent der Masse des Lebens auf der Erde aus. Eine atemberaubende Zahl, die von der außergewöhnlichen Durchsetzungsfähigkeit der Pflanzen zeugt.

Die ursprüngliche Entscheidung, sich am Boden zu verankern, hat schließlich jede weitere Veränderung im pflanzlichen Aufbau bestimmt. Die Pflanzen unterscheiden sich heute daher so stark von den Tieren, dass sie nahezu unbegreifliche Lebewesen für uns geworden sind. Pflanzen haben kein Gesicht, keine Gliedmaßen oder anderen Körperteile, die denen der Tiere ähneln würden. Sie sind für uns darum quasi unsichtbar. Weil wir nur sehen, was wir verstehen, und nur verstehen, was uns ähnelt, betrachten wir sie als Teil der Landschaft, als Lebewesen, die mit unserer Komplexität nichts zu tun haben.

Mod.: Ein Fehler, wie der Professor für Pflanzenneurobiologie meint, der nachgewiesen hat, dass Pflanzen sich erinnern, obwohl sie kein Gedächtnis haben, dass sie Entscheidungen treffen, obwohl sie kein Gehirn haben oder sehen auch ohne Augen. Dafür zeigt er einen Film im Zeitraffer. Hauptdarstellerin ist eine Bohnenpflanze.

OT mancuso vortrag über film intell bohnen

Man sieht eine junge Bohnenpflanze, die auf jede nur erdenkliche Art versucht, einen Metallstab zu erreichen, um sich hinaufranken zu können; wie ein Angler wirft sie ihren Trieb und erreicht am Ende die Stütze;  dieser Film zeigt, dass die Pflanze weiss, was in ihrer Umgebung ist. Oder schauen Sie sich diesen anderen Film an: hier sehen wir 2 bohnentriebe, die miteinander im Wettstreit liegen, wer die Stütze erreicht und wer nicht; der linke Trieb schafft es als erster und der andere Trieb, der verloren hat, ändert sofort die Richtung und versucht eine Alternative zu finden, die hinter Wand zu erreichen, um sich dort hinaufzuranken. Er schafft es aber nicht und gibt am Ende auf. Ihr habt in diesem kurzen Zeitraffervideo Verhaltensmuster gesehen, die man auch bei den Tieren findet; und die Bewußtsein und damit Intelligenz erfordern.

Mod.: „Dezentralisierung“ sei das Zauberwort, schreibt Mancuso in „Pflanzenrevolution. Wie die Pflanzen unsere Zukunft erfinden“

Mancuso Zitat 3

Mittlerweile wissen wir, dass Pflanzen mit dem ganzen Körper atmen, rechnen und so weiter. Nur weil bei ihnen alle Funktionen auf den gesamten Körper verteilt sind, können sie Angriffe überleben und bleiben selbst dann noch funktionsfähig, wenn ihnen ein Großteil des Körpers abhandenkommt. Die pflanzliche Bauweise sieht kein Gehirn vor, das das Kommando übernehmen würde, und keine einfachen oder doppelten Organe, die davon abhängig wären. Mit ihrer modular aufgebauten, kooperativen und verteilten Architektur ohne Kommandozentrale, die selbst wiederholten desaströsen Angriffen standhält, sind Pflanzen gewissermaßen der Inbegriff der Modernität.

Mod.: Im Gegensatz zum Menschen gefährden Pflanzen ihren eigenen Lebensraum nie selbst, sondern sichern die von ihnen genutzten Ökosysteme für sich selbst sowie alle anderen Lebensformen. Darin sind sie wohl intelligenter als der Mensch….Man könnte von ihnen lernen, was die nachhaltige Nutzung von Ressourcen betrifft oder die vernünftige Bildung von Symbiosen und Gemeinschaften, Kooperationen zum Wohle aller … The secret life of plants wird nicht nur in der Biologie erforscht. Gilberto Gil singt im gleichnamigen Track von einer Spezies, die kleiner ist als das Auge sehen kann/ Oder größer als die meisten lebenden Dinge/Und doch nehmen wir von ihr ohne Zustimmung/Unseren Unterschlupf, unsere Nahrung, unser Habitat.

MUSIK Gilberto Gil Acoustic the secret life of plants !!!​​ca. 3 min.​​​​

Mod.: Gilberto Gil sinniert darüber, wie in so einem kleinen Samen schon die Information für die ganze Pflanze angelegt sein kann: the secret life of plants – ausnahmsweise in brasilianischem Englisch vorgetragen…..

Diagonal heute zum Thema Pflanzen und die Pflanzenart, um die es jetzt gleich gehen wird, weist weit in die Vergangenheit, sie wird aber auch als Wunderwesen für die Zukunft gepriesen. Kevin Krsnak macht einen Ausflug.

BT Algen / Krsnak ​​​​​​​11.05​​​​​

Mod.: mahnt der Chemiker Gerald Kinger als unser Kollege Kevin Krsnak ihn besucht hat. Schon in den 1970er Jahren wußte man, vom Club of Rome bis zu den Barbapapas, dass wir uns mit der Zerstörung unserer grünen Umwelt, dem Produktionswachstum ohne Rücksicht auf Verluste, selbst gefährden und dass Einkaufszentren niemals das Paradies ersetzen können. Trotzdem entscheidet man sich, gerade auch in Österreich noch immer gern gegen die Wiese und für den Asphalt. Joni Mitchel, 1970 – they paved paradise and put up a parking lot ….

MUSIK: Big Yellow Taxi / Joni Mitchell​​​​3.09​​​​​​​

Mod.: Joni Mitchell, Big Yellow Taxi. Auch wenn sich der geschulte Mitteleuropäer das neue Nahrungsmittelwunder Alge noch nicht so fix auf dem Teller vorstellen kann. Bei vielen Neo-Österreicherinnen löst der Gedanke daran: 1. Heimatliche Sehnsüchte, 2. Kindheitserinnerungen und 3. Lustgefühle aus. Horst Widmer zu Gast bei der chinesischen Community in Wien.

BT Chinesen & Algen / Widmer​​​​11.26​​​​​​​​

MUSIK Sailor / Zheng Zhi-Hua  ​​​​ca 3 min​​​​​​​​

Mod.: drüber: Eine Liebeserklärung an die Alge. Ein Beitrag von Horst Widmer war das. Und auf seinen Wunsch hin – spielen wir jetzt eine Art zivilisationskritisches Seemannslied á la Freddy Quinn: Zheng Zhi-Hua ist offenbar auch am Strand aufgewachsen und beklagt sich jetzt darüber, dass er in der Stadt und ihrem dicken Asphalt keine Fußspuren hinterlassen kann. „Unwissend und stolz“, singt er, wisse der moderne Mensch die Meere, den Himmel und die von der Zivilsation verwüstete Erde nicht zu schätzen …

MUSIK hoch

Mod.: Diagonal zum Thema Pflanzen heute. Die grüne Welle und die bringt uns jetzt ins neue Gebäude des Biologieinstitutes der Universität Wien in St. Marx. Es erwartet uns da im Gewächshaus der Molekularbiologe Wolfram Weckwerth

BT Weckwerth im Glashaus + Gespräch​​​12.31​​​​​​​           ​​​​​

MUSIK: The Garden/ PJ Harvey​​​​ 2.55 oder 3.55​​​​​​​​

Mod.: Pj Harvey war im Garten in diesem Diagonal zum Thema Pflanzen – die grüne Welle.

ATMO Pflanzensounds für Mod. vor Schwarz

Mod.: Pflanzen können also recht viel. Dass sie aber auch als Musikinstrumente und Klangerzeuger einsetzbar sind, dürfte vielen dann doch komisch vorkommen …. Wie genau das geht, erfahren wir von Astrid Schwarz, die den Künstler Matthias Meinharter besucht hat. Ihn kennt man von diversen Performance und Klangkunstprojekten wie dem „vegetable orchestra“, also dem Gemüseorchester. Hier baut er gerade einen Gemüsesynthesizer …..

BT Musik / Schwarz​​​​​​10.30​​​

Schon dran: MUSIK: Greenhouse / Gemüseorchester 2.42​​​​​​​​

Mod.: Astrid Schwarz bei dem Künstler Matthias Meinharter zu Gast und das gerade gehörte Stück heisst „Greenhouse“, erfunden und gespielt von „The vegetable orchestra“.

Wir bleiben in der Kunst wechseln aber ins bildende Fach. Die chilenische Künstlerin Patricia Domínguez ist davon überzeugt, dass Pflanzen weit mehr können, als ihnen die Menschen der industrialisierten Gesellschaften zutrauen.  Sie kommunizieren untereinander, sie heilen und sorgen für andere Bewusstseinszustände als die alltäglichen. In jahrelanger Forschungsarbeit hat sich die 1984 in Santiago de Chile geborene Domínguez der Flora gewidmet, die als Material und Image zur Grundlage ihrer Filme, Installationen und Bilder geworden ist. Wir haben sie in ihrer Heimatstadt getroffen.

BT Patricia Dominguez kurz ​​​​​​​​8.44​​​​​​​​​​​

Mod.: Patricia Dominguez war das.Dazu eine Musikfarbe, die schon länger nicht mehr in dieser Sendung vorgekommen ist …. Sie erzählt von den schattenspendenden Bäumen in Spanien, Oliven, Zitrus, Feigen. Die Hitze ist groß, die Bäume machen sie erträglich. Darunter spielen sich Liebestragödien ab. Der Text stammt von Federico Garcia Lorca, die Komposition und Interpretation ist vom großen Camaron de la Isla ….

PFL MUSIK HOMENAJE A FEDERICO / CAMARON DE LA ISLA4.10 (Aussteig bei 3.03 möglich)

Mod.: Pflanzen sind keine Dinge sondern Lebewesen, sogar mit Intelligenz ausgestattet. Das haben wir schon am Anfang dieser Sendung mit dem italienischen Biologen Stefano Mancuso festgestellt.

OT mancuso piú sensibili di animali

Voice over: Wir glauben zum Beispiel, Pflanzen könnten nicht fühlen. Das Gegenteil ist der Fall, sie sind sehr viel sensibler als Tiere. Aus einem ganz einfachen Grund. Wenn sich ein Tier in seinem Umfeld bedroht fühlt, flüchtet es. Eine Pflanze muss, wenn sie überleben will, sehr lange vorher wissen, wenn sich etwas in ihrem Umfeld verändert.

Mod.: Sagt Mancuso in einem Vortrag für das Internetwissenschaftsmagazin Nautilus und er schreibt in „ „Pflanzenrevolution. Wie die Pflanzen unsere Zukunft erfinden:

Zitat 4 Wer eine optimale Lösung entwickeln will, muss zunächst präzise Daten erheben. Die sesshaften Pflanzen haben daher ein außergewöhnliches Wahrnehmungsvermögen entwickelt. Als fluchtunfähige Wesen können sienur überleben, weil sie unentwegt die verschiedensten chemischen und physischen Parameter, wie Licht, Schwerkraft, verfügbare Mineralstoffe, Feuchtigkeit, Temperatur, mechanische Reize, Boden- und Luftbeschaffenheit, analysieren.

Sie beurteilen Stärke, Richtung, Dauer, Intensität und weitere spezifische Eigenschaften der Umgebungsreize, registrieren biotische Signale, also die mitunter hochkomplexen Signale anderer Lebewesen, wie die Entfernung zu anderen Pflanzen, die Art der Nachbarpflanzen, die Anwesenheit von Schädlingen, Symbionten oder Pathogenen, und reagieren darauf. Was zeigt, wie unsinnig es ist, Pflanzen für empfindungslose Lebewesen zu halten.

Mod.: Daher brauchte es Rechte für Pflanzen, eine Pflanzenethik. Was sie definieren sollte, hat Sabrina Adlbrecht recherchiert.

BT Pflanzenethik / Adlbrecht​​​​​12.00​​​​​​​​

Mod.: Hans Werner Ingensiep war das am Ende dieser philosophischen Skizze von Sabrina Adlbrecht. Eine kleine musikalische Blume noch, bevor wir in die Schlußrunde dieser Sendung einbiegen: die österreichische Band Son of the velvet rat schaut den Blumen beim Aufwachen zu ….

MUSIK: Flower Song/ Son of the velvet rat​​​​1.18​​​​​​​​

Mod.: In der Philosophie haben Pflanzen lange ein Schattendasein geführt. Zu fern, zu weit weg schienen sie vom menschlichen Anliegen, Leitgedanken für das Leben zu finden, was Gesellschaft, Sinnfragen, ethisches Verhalten betrifft. Der italienische Philosoph Emanuele Coccia findet das schade und hat sich eine neue Perspektive auf die Pflanzen erarbeitet.  „Die Wurzeln der Welt. Eine Philosophie der Pflanzen“ heisst das Buch.

OT Coccia Harvard Pflanzen schaffen Welt

Voice over: Die Hauptthese des Buches ist, dass wir uns den Pflanzen widmen müssen, weil Pflanzen die wahren Produzenten unserer Welt sind. Die Hauptidee ist, dass unsere Welt ein Garten ist, aber die Pflanzen nicht der Inhalt des Gartens sind, sondern die Gärtner. Nicht nur, weil Pflanzen den Sauerstoff produzieren, den jedes Tier zum Leben braucht, sondern auch weil Pflanzen Sonnenlicht in chemische Energie umwandeln, die von anderen Lebewesen genutzt werden kann, sie also die Welt, so wie wir sie kennen und bewohnen, erst erschaffen.

Zitat Coccia:

„Allein schon durch ihre Existenz verändern Pflanzen ganz global die Welt, ohne sich dabei auch nur zu bewegen, ohne überhaupt zu handeln. „Sein“ bedeutet für sie „Welt machen“.

Mod.: Das war ein Diagonal zum Thema Pflanzen. Die grüne Welle. Lektüretipps, die Musikliste und weiterführende Informationen finden Sie wie immer auf unserer Seite im Netzoe1.orf.at/diagonal und das Gespräch mit dem Molekularbiologen Wolfram Weckwerth ist die neue Folge im Diagonal gefragt Podcast, den sie auf allen gängigen Plattformen finden. Und Thomas Mießgang erweist jetzt anschließend in Diagonals Feinem Musiksalon Astrud Gilberto seine Reverenz und spielt ein paar Lieder aus dem coolen Repertoire der vor kurzem verstorbenen Sängerin.

Sign.:

Mod.: Studiotechnik: Christian Gorz …. Und Georg Janser. Gesprochen haben: Michael Köppel, Rafael Sas und Georg Schuchter. Mit Beiträgen von: Sabrina Adlbrecht, Kevin Krsnak, Astrid Schwarz und Horst Widmer. Regie: Peter Waldenberger und Petra Erdmann. Redaktion und Präsentation: Ines Mitterer.