„Die Freiheit führt das Volk“ nannte Eugéne Delacroix sein berühmtestes Bild: die barbusige Schönheit, das Kleid im Kampf zerrissen, trägt im Triumpf die französische Flagge durch ein von Leichen übersähtes Schlachtfeld. Die Freiheit führt das Volk: oft nur kurzfristig. Dann verschwindet sie wieder, ihrem volatilen Charakter entsprechend.
Schon ein willkürliches Hineinzoomen in die Weltgeschichte zeigt, dass Freiheit erstens immer ihren Preis hat – oft in Menschenleben bezahlt – und zweitens keine treue Begleiterin ist. Hat man sich von einem Regime befreit, legt oft schon das nächste seine gierigen Tentakel um das noch fröhlich feiernde Volk. So geschehen gleich nach der Französischen Revolution, der wir die klare Forderung nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit verdanken. So geschehen im Ägypten des Arabischen Frühlings oder im früheren Ostblock. Aus dem Diktat des Kommunismus wurde im Handumdrehen ein Diktat des Kapitalismus – das herrschende Personal kann dabei auch gleich bleiben.
Freiheit ist keine stabile Größe. Sie will immer und immer wieder erobert werden. Aber wollen wir das eigentlich?? Freiheit ist ja auch anstrengend. Oft bedarf es eines gewaltigen Leidensdruckes bis man sich überhaupt erst aufmacht, sie zu erobern …. Wie immer ist Träumen vom Ideal billiger als Handeln in der Wirklichkeit. Und dieses Ideal ist nun einmal auch besonders schön – nicht nur bei Delacroix.