„Aufregend unaufgeregt“ – mit diesem Oxymoron ist in der Vogue die Arbeit der österreichischen Fotografin Elfie Semotan charakterisiert worden. Ein treffendes Urteil. Vieles von dem, was Semotan in den vergangenen 40 Jahren aufgenommen hat, wirkt heute klassisch; so, als hätte man es nicht anders fotografieren können. Ihre Fotos sind also wohl in unseren Bilderfundus eingegangen: Helmut Langs Anzüge, Palmers‘ Unterwäsche. Der ironische Twist gehört immer dazu.
Elfie Semotan selbst ist eine stilsichere Erscheinung. Eine ruhige Instanz in einem der hysterischsten Gewerbe, die es gibt: die Mode. Aber die gelernte Modemacherin nimmt sie durchaus ernst: als Zeichen, als Ausdrucksmittel, als Sprache. Sie übersetzt sie in Werbung, in Plakate, Covers oder Bildstrecken für Hochglanzmagazine. Immer auch und besonders: den Menschen im Auge, den sie fotografiert.
Schließlich war Semotan selbst Topmodel, damals in den 1960er Jahren, hat in Paris Haute Couture vorgeführt und ist so zur Fotografie gekommen.
Ihre Porträtfotos von den Berühmten und Wichtigen brauchen keine großen Inszenierungen. Wie eine Bildhauerin arbeitet Semotan das jeweils Charakteristische an den Persönlichkeiten heraus: bei Elfriede Jelinek oder Julian Assange, Benicio del Toro oder Marina Abramovic. Die Nähe von Künstler/innen und ihrer Kunst hat sich, wie das meiste in ihrem Leben, „ergeben“, weil sie es gewollt und gebraucht hat, aber nicht gesucht. Sie war mit dem „enfant terrible“ der Künste, mit Martin Kippenberger, verheiratet und davor mit dem Maler Kurt Kocherscheidt. Wechselseitige Inspirationen sieht man den jeweiligen Werken an. Elfie Semotan pflegt regen Austausch mit der Kunst und der Welt – am 25. Juli 2016 feiert sie ihren 75. Geburtstag.
Das Zentrum der Welt
Das liegt für die weitgereiste Fotografin nicht etwa in New York, wo sie auch eine Wohnung hat, sondern in einem ehemaligen Bauernhaus im Süden des Burgenlandes, nahe Jennersdorf. Beim Besuch fällt auf: Provinz muss nicht provinziell sein.
Ein flotter Dreier – Fotografie, Werbung, Kunst!
Semotans erotische Aufnahmen von ziemlich nackten Menschen beiderlei Geschlechts für eine österreichische Wäschefirma stießen auf Unverständnis und Kritik bei Konservativen genauso wie bei Feministinnen und provozierten wohl den einen oder anderen Unfall – so sehr fielen die Plakate im damaligen Straßenalltag auf. Dann ging es um unterschiedlichste Dreierkombinationen rund um eine Mineralwasserflasche. Beide Kampagnen machten Schule. Nicole Dietrich hat sich mit Kulturwissenschaftler Wolfgang Pauser über Elfie Semotans noch immer bekannteste Werbesujets und ihre Bildsprache unterhalten.
Frauen versus Kleiderbügel
Ja, Mode ist der gelernten Modemacherin Elfie Semotan wichtig, allerdings nicht wichtiger als der Mensch, der sie trägt. Statt das Modell so blass wie möglich abzulichten, um Kleidung und Accessoires besser zur Geltung zu bringen, wählt Semotan den umgekehrten Weg und bringt die Mode zum Glänzen, gerade weil sie von Menschen mit Charakter getragen wird. Mit dieser Philosophie ist sie im zeitgenössischen Modefotografie-genre nicht allein, hat Christine Scheucher festgestellt.
Kunst und Leben…
… waren in der Biografie von Elfie Semotan nie zu trennen. Und dann heiratete sie auch noch einen Künstler, den Maler und Bildhauer Kurt Kocherscheidt. Edelbert Köb, ehemaliger Direktor des Museums für Moderne Kunst in Wien bewunderte die künstlerische Unabhängigkeit der beiden bei gleichzeitiger absoluter Wertschätzung füreinander. Nach dem frühen Tod von Kurt Kocherscheidt Mitte der 1990er Jahre trat der deutsche Künstler Martin Kippenberger in Semotans Umlaufbahn ein und wurde Ehemann Nummer Zwei. Thomas Mießgang mit einem Portrait zweier Künstler, die auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein können.
Kleinmöbel und Musik
Ein Gespräch mit Elfie Semotan, aufgenommen in ihrem Haus im Burgenland mäandert durch die Sendung. Ute Woltron, die Semotans Erinnerungen für deren Autobiografie „Eine andere Schönheit“ niedergeschrieben hat, zeigt die Fotografin als „Feministin, Was sonst?!“