
„Neben diesem Leben, das zu leben ist, ist das Werk ein Nichts.“ Das schreibt Arno Geiger in seinem jüngsten Roman „Das glückliche Geheimnis“, ein autobiografischer Text. Das patscherte Leben, der „gemeine“ Alltag, die kleinen Freuden und die großen Enttäuschungen, die so ein Menschenleben in unserer Zeit ausmachen, sind Geiger Abenteuer genug um große Literatur zu machen.
„Ich mag meine Bücher, ganz bestimmt, sie sind aus nichts anderem hervorgegangen als meinem Leben. Aber sie sind nicht das Wesentliche. Ich lebe, um zu leben. Und neben diesem Leben, das zu leben ist, ist das Werk ein Nichts.“ Das schreibt Arno Geiger in seinem jüngsten Roman „Das glückliche Geheimnis“, ein autobiografischer Text, der genau dadurch besticht, dass der geborene Vorarlberger nichts größer machen muss als es ist und trotzdem Geschichten mit ungeheurer Sogwirkung erzählt. Pageturner. Das patscherte Leben, der „gemeine“ Alltag, die kleinen Freuden und großen Enttäuschungen, die so ein Menschenleben in unserer Zeit ausmachen, sind ihm Abenteuer genug.
Ob eine Familiengeschichte in „Es geht uns gut“, die Demenzerkrankung seines Vaters in „Der alte König in seinem Exil“ oder seine eigene Altpapiersammelleidenschaft in „Das glückliche Geheimnis“, was Arno Geiger erzählt, wurzelt im Einfachen, Unaufgeregten, Ungekünsteltem und ist am Ende versöhnlich, menschenfreundlich. Und gerade das wird bei dem Gewinner des Deutschen Buchpreises oder des Österreichischen Kunstpreises für Literatur, die er neben vielen anderen Auszeichnungen erhalten hat, zur großen Kunst.
Von Isla Negra nach Quintay
Der chilenische Literaturnobelpreisträger und Volksheld Pablo Neruda hat diesem kleinen Küstenort am Pazifik erst seinen Namen verliehen. Isla Negra. Ein Flecken mit ein paar Häusern bis in die späten 1930er Jahre, wurde das Fischerdörfchen auch dank seines berühmten Bewohners zum beliebten Sommerfrischeort der wohlhabenden Mittelschicht aus der Hauptstadt Santiago. Ein Stück weiter Richtung Norden hockt ein weiteres malerisches Dorf am Fuße von grünen Hügeln und Felsen. Quintay. Früher war es ein Ort, an dem Walfang betrieben wurde. Davon erzählt ein kleines Museum, das aber vor allem auf die Bedeutung und Gefährdung des Ozeans und seiner Lebewesen heute hinweisen will. Ines Mitterer und Peter Waldenberger haben die Küste für Ambiente erkundet.

Langsam hat es sich herumgesprochen: ohne radikale Trendumkehr im Umgang mit unserer natürlichen Umwelt sind wir verloren. Vielleicht hat diese Einsicht ja dazu beigetragen, das Interesse für Pflanzen, ihre Wirkungen im Verlangsamen des Klimawandels, ihre Möglichkeiten zum Schutz der Artenvielfalt und ihre Rolle für die Heilung von Menschen im Physischen wie im Emotionalen spürbar wachsen zu lassen. Und zwar quer durch die Gesellschaft. Junge holen sich Grünzeug als Lebensabschnittspartner in die Wohnung, Künstler:innen lernen von Indigenen die Pflanzen und ihre unsichtbare Kommunikation zu verstehen, Juristen räumen in der Schweizer Verfassung, Kreaturen und damit auch Pflanzen ein Recht auf Berücksichtigung ihrer Würde ein, biologische Anbaumethoden in der Landwirtschaft überzeugen Konsument:innen und Biologen wie František Baluškas vom Botanischen Institut der Universität Bonn schreibt Pflanzen weit mehr Aktions- und Reaktionsfähigkeiten zu, als man bisher annahm. Pflanzen waren die ersten Lebewesen dieser Erde und sie haben mit ihrer Sauerstoffproduktion überhaupt erst die Grundlage für alles andere Leben geschaffen: die Atmosphäre. Der italienische Philosoph Emanuele Coccia plädiert in seinem Buch „Die Wurzeln der Welt – eine Philosophie der Pflanzen“ daher auch dafür, den Büschen, Bäumen, Blumen, Kräutern, Moosen und Algen einen gewichtigeren Platz in unserer Vorstellung einzuräumen. Seit fast 500 Millionen Jahren machen sie unseren Planeten zu einer fruchtbaren Erde – davon müßte man doch lernen können!

Mit einer aktuellen Ausstellung stellt das Weltmuseum in Wien spekulative Erzählungen über die Zukunft vor, die sich jenseits unserer gängigen, westlich geprägten Vorstellungen bewegen. Zumal diese sehr ähnlichen Mustern folgen wie einst die Kolonialisierung: wenn wir die Erde vernichtet haben, machen wir uns den Weltraum untertan. Welche Alternativen gäbe es, Zukunften zu denken? Die Ausstellung im Weltmuseum, mit dem wir für diese Sendung kooperieren, verfolgt viele Spuren und fragt nach bei Künstler*innen, deren Perspektive auf die Zukunft anders gestaltet ist, als die gängiger Hollywooderzählungen – auch wenn sie damit manchmal spielen.
Vor dem Hintergrund der drohenden Klimakatastrophe und anderer globaler Verwerfungen zeigen Künstler*innen, die vielfach aus indigenen Kulturen kommen, wie man Science-Fiction als Werkzeug zur Kritik der Gegenwart, für alternative Zukunftsszenarien und zu Heilung und Dekolonialisierung einsetzen könnte. Afrofuturismus, indigener Futurismus, arabischer Science-Fiction, Native-American Futurities – die Zukünfte sind vielfältig – eine Inspiration für die Gegenwart.

Chiles Hauptstadt ist seit Jahren in den Weltnachrichten. Es gab massive Proteste 2019: Millionen Menschen gingen auf der Straße wegen der lange angestauten Unzufriedenheit mit dem wirtschaftlichen und politischen System.
Erst im Februar dieses Jahres fand dann mit den Präsidentenwahlen ein politischer Wandel von rechts nach links statt. Der neue Präsident – ein ehemaliger Anführer der Studierendenbewegung – heißt Gabriel Boric.
Im Herbst 2022 stimmte das Land zudem über einen neuen Verfassungsentwurf ab. Mit dieser Constitución sollte ein neuer Geist Einzug halten. Denn die Pinochet Diktatur hat sich wie ein bleibender Schaden im Land festgesetzt. Allerdings: eine klare Mehrheit der Bevölkerung hat dagegen gestimmt.
Das alles hat sich auf dieses Land, das Stadtleben, auf die Psyche der Menschen, den Alltag niedergeschlagen. Etwa die Hälfte der chilenischen Bevölkerung lebt in der Region Metropolitana de Santiago, ein Drittel davon innerhalb der eigentlichen Stadtgrenzen: rund fünf Millionen Menschen. Übermäßig verschmutzte Flüsse, unzureichende Strukturen in der Abfallbeseitigung, Luftverschmutzung, Defizite im öffentlichen Verkehr und eine übermäßige Verkehrsbelastung sind nur einige Probleme der Stadt. Die Luftqualität gilt laut der Weltgesundheitsorganisation WHO als eine der schlechtesten der Welt. Das Thema Umweltschutz war daher auch ein wichtiger Punkt in der neuen Verfassung, die sich das Land geben wollte. In ihr sollte die Natur, sollten die Flüsse, die Wälder einen Rechtsstatus haben. Per Volksabstimmung lehnte der Großteil der Bevölkerung diesen radikal fortschrittlichen Entwurf ab, erarbeitet von einer gewählten verfassungsgebenden Versammlung.
Spanische Schriftsteller*innen der Gegenwart mit dem alten büchervernarrten Ritter aus Cervantes Feder in Verbindung zu bringen, mag wie ein Klischee erscheinen – ist es aber nicht. Man entkommt dem berühmtesten Helden der Literatur der iberischen Halbinsel auch im Heute kaum. Irgendwo taucht er immer auf, ist Thema. Heuer ist Spanien Gastland der Frankfurter Buchmesse, die diese Woche eröffnet wird und im Vorfeld wurde viel übersetzt, was in den letzten Jahren in den verschiedensten Sprachen des Landes geschrieben worden ist.
Drei Blöcke, jeweils 100 Minuten, mit spezifischen Themenfoci und jeweils zwei Impulsen von separat geladenen Teilnehmer:innen:
Hans Ulrich Reck (Kulturtheoretiker, Philosoph),
Raffaela Lackner (Leiterin des Architektur Haus Kärnten), Valerie Messini (Architektin und Kuratorin),
Volker Giencke (Architekt),
Wilfried Achinger (Steinhaus Günther Domenig Privatstiftung)
Doris Lippitsch (Architektin, Chefredakteurin QUER Magazin)
Mit namhaften, sowie jungen Stimmen aus Architektur, Theorie und Kunst, haben wir gemeinsam die historische und aktuelle Bedeutung des Werks von Günther Domenig befragt und in Zusammenhang gebracht mit zeitgenössischen Problemstellungen bezüglich Nachnutzung von Architektur, ökologischem Umgang mit Landflächen und der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung von Architektur im 21. Jahrhundert.
Das schönste Gewerbe der Welt betrifft all unsere Lebensbereiche und ist deshalb mehr als nur der fesche äußere Schein. Kleidung spricht, erzählt von sozialen Bedingungen, wirtschaftlichen Nöten, handwerklichem Können, philosophischen Prinzipien, Genderdefinitionen, Arbeit, Pop und ästhetischen Entscheidungen. Und selbst, wenn jemand beschließt, Kleidung sei nicht so wichtig, ist das eine Aussage. Glitzer und Glamour auf der einen Seite, Ausbeutung von Arbeiter:innen, Verbrennen von Ressourcen auf der anderen Seite.
… möglichst ziellos, als Flâneuse oder Müßiggänger, dabei Gedanken aufkommen lassen, weiterspinnen, verwerfen: Welches Potential das Gehen hat, haben, wie so vieles, schon die alten Griechen erkannt. Aristoteles pflegte das Denken beim Gehen gern in seiner so genannten Peripatetischen Schule (von Peripatos, der Wandelhalle), da gab es immer wieder die Gelegenheit, „am Weg“ neue Ideen aufklauben zu können, oder alte Gedanken mit Sauerstoff anzureichern. Aber gibt es das überhaupt noch in dieser schnellen, gern maschinenbetriebenen Fortbewegungswelt des 21. Jahrhunderts? Oh ja, und die Sehnsucht danach ist groß. Das zeigen viele neue Publikationen, die zum Gehen auffordern, in Gummistiefeln oder Wanderboots, barfuß oder in Flipflops, allein oder in der Gruppe. Dabei geht es um Gesundheit, Neugierde und Aufbruch, eben neue Pfade zu finden und Wege, die im Gehen entstehen bzw. alte, im Alltag eingetretene Spuren zu verlassen.