Elastisch wie ein Gummiband – Diagonal zum Thema Resilienz

In der Welt der Ratgeber und ihrer Literatur ist „Resilienz“ das Wort der Stunde. Wer möchte auch nicht lernen, dramatische Lebensumstände möglichst unbeschadet zu überstehen und vielleicht auch noch Stärke daraus zu gewinnen? Doch, so einfach ist das nicht. Resilienz war, bevor der Begriff Eingang in alle möglichen wissenschaftlichen Fachrichtungen genommen hat, eine Eigenschaftszuschreibung aus der Materialforschung: demnach hat ein Stoff eine hohe Resilienz, wenn er nach extremer Beanspruchung wieder in seine ursprüngliche Form zurückfindet – wie ein Gummiband eben. Dann haben sich Psychologie, Städtebau, Ökologie und Ökonomie den Begriff geschnappt und versuchen, damit festzustellen, unter welchen Umständen Menschen oder Städte eine Katastrophe besser überstehen als andere oder wie lange das Klima oder die Wirtschaft einer außergewöhnlichen Belastung standhalten, bevor sie crashen. Interessanterweise, und das kann jetzt schon verraten werden, gelingt die Erholung nie ohne: Transparenz in der Kommunikation und dadurch die Möglichkeit, genau hinzuschauen, auch, wenn es weh tut; Spielraum und Reserven – ein rares Gut in Zeiten des Turbokapitalismus – und Gemeinschaft. Alleine geht es nicht, ob beim Überwinden psychischer Traumata oder nach der Naturkatastrophe in New Orleans. Das Versprechen der Resilienz-Ratgeber-Literatur also, wonach man sein Ich ganz für sich allein zum Gummiband trainieren kann, ist Makulatur. Und so ist der Frühsommer 2020 wohl ein guter Moment, um über Verbündete nachzudenken.