Dacia Maraini

Die italienische Schriftstellerin Dacia Maraini, bekannt durch ihren Roman „Die stumme Herzogin“ ist eine der führenden Intellektuellen Italiens und kritische Stimme seit den 60er Jahren. Bekennende Feministin und überzeugte Römerin bedauert sie die Überschwemmung Roms durch Touristenströme und sieht doch Licht am Ende des Tunnels, einen frischen Wind, der die ewige Stadt aufmischt. Ein Gespräch anlässlich von Diagonals Stadtportrait Rom.

Rafael Chirbes

Der 1949 in Valencia geborene Rafael Chirbes gehört zu den international erfolgreichen spanischen Autoren. Bekannt wurde er vor allem durch seine intensive Beschäftigung mit der Franco-Diktatur. Er gilt als scharfer Beobachter der spanischen Gesellschaft. In seinem jüngsten Roman „Am Ufer“ erzählt der Romancier über bittere und hässliche Wohlstandsmärchen vor dem Hintergrund der spanischen Finanz- und Wirtschaftskrise.

Rafael Chirbes, der Schriftsteller, 65 Jahre alt, ist eine Art „Gewissen der Nation“. Er beobachtet akribisch das, was andere nicht sehen wollen: häßliche Gefühle, historische Fehlentscheidungen, kaputte Landschaften. Die Lektüre seiner bravourös geschriebenen Romane, deren Vielstimmigkeit immer ein umfassendes Bild der Gesellschaft liefert, ist nicht unbedingt vergnüglich, aber doch erkenntnisfördernd und bewußtseinserweiternd. Schon in dem Roman „Der lange Marsch“, den der studierte Historiker Chirbes, Ende der 90er Jahre geschrieben hat, zeigt er die unangenehme Zerrissenheit Spaniens während der Franco Diktatur auf: leidenschaftliche Faschisten, Mitläufer, Kommunisten, Anarchisten – spinnefeind und doch zum Zusammenleben gezwungen. Am menschlichen Erbe des spanischen Bürgerkrieges und des Franco Regimes arbeiten sich die Spanier noch heute ab – oder wollen es um jeden Preis vermeiden. Rafael Chirbes, versucht blinde Flecken ins Bewußtsein zu schreiben. In seinem Roman „Am Ufer“ bekommen dabei nicht nur die Spanier ihr Fett ab. Bei einem Spaziergang durch Valencia erzählt der Autor von seiner Sicht der Dinge.

Peter Matić

Peter Matić . Über die Stimme

Lange Zeit ist er wohl früh schlafen gegangen, der Schauspieler Peter Matic. Schließlich brauchte er Kraft für dieses Monsterprojekt. Marcel Prousts gesamte 7-bändige Romanserie „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ vom berühmten ersten Satz mit dem frühen Zubettgehen bis zum letzten, für eine Hörbuchfassung einzusprechen: 17 CDs, insgesamt 9380 Minuten. Acht Jahre lang hat Matic immer wieder viele Stunden damit verbracht, Proust seine Stimme zu leihen. Als vielfach ausgezeichneter Schauspieler aber auch als „bester Sprecher unter den Schauspielern des deutschsprachigen Raums“. Für dieses Können erhielt der Burgschauspieler 2001 den Albin-Skoda-Ring.

Natürlich, in der Regel sieht man Peter Matic auch, wenn man seine Stimme hört: früher am Berliner Schillertheater als „Alpenkönig“ oder in den „Zofen“, heute am Burgtheater, aber auch in Film oder Fernsehen von „Hofrat Geiger“ über „Tatort“ bis „Kommissar Rex“. Peter Matic ist der Mann für das „elegante Fach“, spielt Herren mit Manieren, einer gewissen Noblesse, den Gentleman.

Oft aber spielt wirklich seine Stimme die Hauptrolle. In den Hörbüchern, den Hörspielen, als Sprecher in Radiosendungen und Fernsehdokumentationen. Und nicht zu vergessen: in den Filmsynchronisierungen. Peter Matic ist einfach auch Sir Ben Kingsley auf Deutsch. Er synchronisiert den britischen Schauspieler seit dem vielfach Oscar-gekrönten Film „Gandhi“ so charakteristisch, dass man sich Gandhi ohne seine Stimme kaum vorstellen kann. Ben Kingsley sowieso nicht. Gäbe es einen Oscar für „the voice“, Peter Matic wäre immer wieder aussichtsreichster Kandidat dafür.

Yoko Ono: die berühmteste unbekannte Künstlerin der Welt

Sie gehört immer noch zu den meistgehassten Frauen der letzten 50 Jahre, und das, obwohl das ihr unterstellte „Delikt“ schon beinahe genau so lange her ist: diese kleine, zähe, zierliche Japanerin habe durch ihre Beziehung mit John Lennon die Beatles auseinandergebracht, so die Mär. Da hilft es nicht, wenn selbst Paul McCartney dieses böse Gerücht inzwischen dementiert. Berühmt ist sie also als Frau an Lennons Seite. Warum sie ihn aber kennengelernt und fasziniert hat, das war lange Zeit hinter der „Legende vom Genie und der Hexe“ alias „The Ballad of John & Yoko“ versteckt: Yoko Ono war eine hochproduktive und anerkannte Künstlerin und Musikerin, als sie der Beatle 1966 in einer Londoner Galerie kennenlernte. Sie gehörte zur New Yorker Fluxus Bewegung, die Kunst wegbringen wollte von ihrem Status als teure Trophäe der Eliten – und zurückbringen, mitten hinein ins Leben. Sie war Avantgarde-Musikerin im Umfeld von John Cage, der ihr sein berühmtes Stück 4‘33“ gewidmet hat. Und sie war eine Frau, eine ausländische Künstlerin in einer männlich dominierten Kunstwelt, früh mit Fragen der Emanzipation konfrontiert. Erst in den letzten 10 Jahren hat man den enormen Schatz an so gesellschaftskritischen wie poetischen Kunstwerken dieser widerspenstigen Japanerin aus gutem Hause gehoben, neu bewertet und in diversen Ausstellungen gezeigt. Ergänzt durch neue Werke, wie etwa „Arising“, einer Rauminstallation zum Thema Gewalt gegen Frauen, auf der letzten Biennale in Venedig. Denn mit ihren 80 Jahren ist diese Künstlerin weder müde noch bitter. Auf ihren Konzerten tanzt, singt und schreit sie – Markenzeichen der klassisch ausgebildeten Sängerin – wie eine 17-jährige. John Lennons Schatten mag groß sein – von ihm stammt übrigens der Ausspruch, den wir als Sendungstitel gewählt haben – Yoko Ono läßt sich heute nicht mehr übersehen.

Sendungshinweis:
„Die berühmteste unbekannte Künstlerin der Welt – Diagonal zur Person Yoko Ono“ Samstag, 08. Februar, 17.05h

Miquel Barceló

Der derzeit wohl berühmteste lebende Künstler Spaniens Miquel Barceló ist vor allem für seine Porträts, Stillleben und Keramikarbeiten bekannt. Seine Werke verraten viel über seinen sinnlichen Zugang zur Welt und changieren zwischen Werden und Vergehen. Das Wiener Kunstforum auf der Freyung zeigt ab 12. Dezember die erste große Retrospektive Barcelós im deutschsprachigen Raum.
Ein Beitrag über den in Mallorca geborenen, ebenso in Paris und Mali lebenden, bodenständigen und direkten Künstler, der den Fisch in der Früh fängt, dann malt und anschließend isst oder seinen Verfall in üppigen Farbschichten auf Leinwand festhält.

Marina Abramović – die unerbittliche Schmerzensfrau der Performance

Wer 1997 auf der Biennale in Venedig war, dem jagt der Gedanke an dieses Bild und diesen Ton noch heute die Gänsehaut über den Körper. Da sitzt Marina Abramović im finsteren Keller inmitten eines Knochenberges, schabt mit einer scharfen Klinge stinkende Fleischreste von einem Rinderknochen und singt dazu Partisanenlieder aus ihrer Kindheit.

Für „Balkan Baroque“, ihre Reaktion auf den Jugoslawienkrieg, bekam die 1946 in Belgrad geborene Künstlerin dann auch den Goldenen Löwen. Eine von vielen Auszeichnungen – eine von vielen Ausstellungen an den wichtigsten Kunstorten der Welt.
Marina Abramović hat Hochkonjunktur, ihre Biografie verwandelte Theaterikone Bob Wilson in ein Theaterstück, die Performance erlebt eine Renaissance.

Abramovićs Kunst geht unter die Haut – die der Künstlerin, die des Publikums. Sie nimmt den Schmerz bei ihren Performances nicht in Kauf, sie sucht ihn. Sie ritzt sich den roten Stern ihrer kommunistischen Jugend in die Bauchdecke, sitzt mehr als 700 Stunden bewegungslos auf einem Sessel im MOMA, oder liegt nackt auf Eisblöcken oder in einem brennenden Ring. Sie trennt sich von ihrem langjährigen Lebenspartner Ulay, indem sich die beiden 90 Tage lang aufeinander zu bewegten, wobei das Treffen am Ende den endgültigen Abschied bedeutete. „Bei lebendigem Leib“ setzt sich die inzwischen 66-jährige der Gewalt dieser Gesellschaft, den Zumutungen dieses Lebens aus. Voll Pathos, Leidenschaft und traumhaft/albtraumhaft schönen Bildern, in die sie ihren – oft nackten – Körper immer wieder zwingt. Bei gleichbleibender Intensität bis heute.

Michelangelo Pistoletto

Seit den Anfangszeiten seiner erfolgreichen Karriere hat der Künstler Michelangelo Pistoletto versucht Kunst und Leben zusammenzubringen. Mit seiner Kunst-Stadt Cittadellarte, einem Laboratorium in seiner norditalienischen Heimatstadt Biella, hat er sich den Traum von einem universellen Kulturzentrum verwirklicht, das die Welt nachhaltig beeinflussen und verändern soll.
Eine Retrospektive in der Neuen Galerie Graz legt ihren Fokus auf die frühen Werke Michelangelo Pistolettos, mit denen er in den 1960er-Jahren international bekannt wurde. Die Schau zeigt neben zahlreichen Selbstporträts die berühmten und für ihn typischen Spiegelbilder und Minus-Objekte, die maßgeblich zur Entwicklung der italienischen Arte Povera beigetragen haben.

Gemeinsam mit seinem Team der Cittadellarte wird Pistoletto beim steirischen herbst das Projekt Teilen und Verändern realisieren. Am 29. September wird die Ausstellung Teilen und verändern im Kunsthaus Graz eröffnet.

Yoko Ono

Yoko Ono wurde lange Zeit belacht, beschimpft, als Zerstörerin der Beatles verunglimpft und als eigenständige Künstlerin im besten Fall ignoriert. Dabei wurde übersehen, dass die Frau von John Lennon bereits ein beeindruckendes Oeuvre aufzuweisen hatte, bevor sich der Musiker in sie verliebte. Erst seit einigen Jahren bekommt die japanische Avantgarde-Künstlerin die Aufmerksamkeit, die sie verdient. Die fast 80-Jährige wurde kürzlich mit dem Oskar Kokoschka Preis 2012 geehrt.

Claes Oldenburg

Fällt der Begriff Pop Art, denkt man meist an Suppendosen, Bananen oder Siebdruck-Cartoons. Während die Werke von Andy Warhol oder Roy Lichtenstein beinahe schon überbelichtet sind, gibt es den dritten Protagonisten der Popart noch zu entdecken: Der 1929 in Schweden geborene Bildhauer Claes Oldenburg feierte an diesem Wochenende seinen 83. Geburtstag. Im damals noch wilden New York der 1960er-Jahre (Sixties) stieß Oldenburg mit seinen Künstlerkollegen die Kunst vom Altar, ließ sich von der Straße inspirieren und erklärte Objekte des Alltags und Konsums zu Kunstwerken. Das Wiener Museum Moderner Kunst hat die hervorragend bestückte Ausstellung Claes Oldenburg – The Sixties auf die Beine gestellt, die später ans Museum of Modern Art (MoMA) in New York weitergeschickt wird. Der beste Oldenburg laut Kurator Achim Hochdörfer ist ab kommenden Samstag im Wiener Museumsquartier zu sehen.