Caravaggio & Bernini rocken Rom

Was die beiden verbindet, ist eine neue Aufmerksamkeit für die wirklichkeitsnahe Naturdarstellung und für das Pathos großer Gefühle. Denn menschliche Regungen in Kunst zu übersetzen wurde erst im Barock entdeckt.

Dramatik & Leidenschaft, Exzentrik & ganz große Emotionen verstehen die beiden weltberühmten Protagonisten trefflich in Szene zu setzen. Caravaggio und Bernini sorgten mit ihrer neuartigen Ausdrucksweise ebenso wie mit ihrem unkonventionellen Lebensstil in Rom für Furore.

Pierre Bonnard – eine Verabredung mit der Natur

Der Maler, ein Erbe der Impressionisten feiert die Malerei an sich, die Farben, die Farbschichten, die Kompositionen. Die Motive, immer die gleichen, bedeuten ihm nichts.
„Bonnard malt nur Glück“ schrieb ein zeitgenössischer Kritiker.
Immer ein wenig im Windschatten der Impressionisten und der Revoluzzer á la Picasso, malte sich Pierre Bonnard in seinem Refugium nahe Cannes an der Cote D’ Azur die Unzumutbarkeiten dieser Welt vom Leib und schuf dabei Werke von grandioser Zeitlosigkeit und Intimität.

Der Maler Mark Rothko in Wien

Der Maler Mark Rothko in Wien
Sie ziehen alle Blicke von Ausstellungsbesuchern auf sich – die leuchtenden, farbintensiven und großformatigen Gemälde von Mark Rothko.
Nie waren seine Arbeiten in so geballter Form in Österreich zu sehen, jetzt zeigt das Kunsthistorische Museum vierzig seiner wichtigsten Werke und bietet einen Überblick über das gesamte Schaffen des 1970 verstorbenen Künstlers.
Mark Rothko, der in seiner Kindheit mit seinen Eltern aus Lettland in die USA emigriert war, hat sich zeitlebens mit der Kunst der Vergangenheit auseinandergesetzt, hat Europa bereist und die alten Meister von Michelangelo bis Rembrandt eingehend studiert.
Die Ausstellung im KHM macht die radikale Entwicklung Rothkos sichtbar – von frühen figurativen Arbeiten hin zu seinen großformatigen abstrakten Farbfeld-Bildern.
Unterstützt wurde Kurator Jasper Sharp von Christopher Rothko, dem Sohn des Malers, der wichtige Leihgeber auf der ganzen Welt für diese Schau gewinnen konnte.

Ornament als Versprechen

US-Bewegung „Pattern and Decoration“ im mumokOrnament war für den österreichischen Architekten Adolf Loos Anfang des 20. Jahrhunderts ein Verbrechen.So schlicht, so reduziert, so minimalistisch wie möglich hatten Kunst und Architektur zu sein – alles andere sei schlechter Geschmack, unwirtschaftlich, primitiv, weibisch. Und tatsächlich wurden Kunst und Architektur über Jahrzehnte nur ernst genommen, wenn sie diesem Dekorverbot entsprachen.“Unsinn“, sagte da eine Gruppe von Künstlern Mitte der 1970er-Jahre mitten in Manhattan: Ornament ist Versprechen! Die „Pattern and Decoration“ Bewegung machte es sich zur Aufgabe, alles wieder in die Kunst hereinzuholen, was davor verpönt war: Muster, Pastellfarben, Blümchendekors, Textilien und Mosaike. Eine Ausstellung über diese Bewegung präsentiert jetzt das Wiener Museum Moderner Kunst.Dass gerade das Dekorative auch politisch und gesellschaftskritisch sein kann, hat der kulturMontag in New York erfahren.

HERBERT BRANDL. Kunst und Obsession.

Dokumentation 52 Minuten mit Walter Reichl

Herbert Brandl ist ziemlich cool, gleichzeitig Punk und gewissenhaft. Ein Messias für junge Künstler und das obwohl er sich im ältesten künstlerischen Gewerbe, der Malerei, einen Namen gemacht hat. Noch dazu mit Landschaften, mit Bergen, abstrakt und gegenständlich und gerne im großen Format. Eigentlich so ein Thema aus der Romantik. Bei Brandl ist es gebrochen, herb und rauh und doch so schön. Seine Bilder machen die Wirklichkeit reicher und intensiver, sagt der österreichische Schriftsteller Christoph Ransmayr. Inzwischen sind Brandls Gemälde hochpreisige Klassiker und Sammler wie etwa Extrembergsteiger Reinhold Messner attestieren seinen Bildern eine Ladung Emotionen, die kein Foto je vermitteln kann. Für den engagierten Naturschützer ist die Malerei eine Art Naturschutzgebiet, erlaubt sie ihm doch, eine Welt zu erschaffen, wie er sie gerne hätte: wild, ungezähmt, unverdorben. Also doch ein Romantiker! fest verankert im 21. Jahrhundert. Der Film begleitet Herbert Brandl über sechs Jahre, in unberührte Schluchten, auf lichte Höhen, in Schatzhöhlen und Akademieklassen und immer wieder ins Atelier, wo man den Werken beim Entstehen zuschauen kann.

Die Schönheit ist ein wildes Tier. Kunst und Ästhetik

Sie ist beglückend. Und gefährlich. Sie kann einen unvermutet anspringen und niederringen. Sie lässt sich nicht zähmen und in kein ideologisches Gehege sperren – jedenfalls nicht, wenn sie Wahrhaftigkeit für sich beansprucht: Die Schönheit, sie ist ein wildes Tier. Im Rahmen des Themenschwerpunkts Schönheit der ORF-Kultur nimmt Ines Mitterer diesen Gedanken auf.
Sie klärt, warum ausgerechnet die Schönheit so lange aus den Schönen Künsten gebannt worden war. Sie recherchiert, wie uns die Schönheit vor der Wirklichkeit retten und warum sie uns Herzrasen und Atemnot verursachen kann.
Und sie fragt nach, ob die Schönheit in der Kunst tatsächlich gerade eine so machtvolle Wiederkehr erlebt, wie das manche behaupten.
Die berühmten Uffizien in Florenz. Die Schönsten sind hier beheimatet – Meisterwerke von Michelangelo, Raffael und natürlich: Botticellis Venus.
Eike Schmidt, Direktor der Uffizien, der nächstes Jahr in die Chefetage des Kunsthistorischen Museums Wien übersiedeln wird, hat immer wieder erlebt, dass Leute angesichts so viel Schönheit in Ohnmacht gefallen sind. Vom Stendhal-Syndrom spricht in diesem Zusammenhang die Wissenschaft. Fehlt nur noch der Sicherheitsaufkleber an den ikonografischen Werken: Vorsicht, zu viel Schönheit kann Ihrer Gesundheit schaden…
Kunst, die so sehr strahlt, dass sie blendet, das Gehirn vernebelt, einem die Sinne raubt, war nach 1945, spätestens in den 1960er-Jahren tabu. Es galt, dem Kunst- und Schönheitsbegriff der Nazis mit ihrem mörderischen Rassenwahn und ihrem Hass auf die Moderne etwas entgegenzusetzen.
Dabei hatten die Wegbereiter der Moderne durchaus Schönes im Sinn – zumal in Wien. Josef Hoffmann, Koloman Moser und Mitstreiter wollten unter dem Dach ihrer Wiener Werkstätte in Schönheit baden – und Kunst und Alltag miteinander verschmelzen. Auch die Wiener Sezessionsbewegung sah in der Schönheit und in der Wirkkraft der Künste eine quasi-esoterische Heilkraft für die Gesellschaft.
Und heute? Die Schweizerin Pippilotti Rist will der Schönheit huldigen, Ólafur Elíasson fordert, die Schönheit zurückzuerobern. Und selbst die Mannen der durchaus provokanten Künstlertruppe Gelatin suchen ganz unironisch nach der Schönheit. Zu Wort kommen in dieser Dokumentation unter anderen auch noch Günter Brus, Konrad Paul Liessmann, die Kunsthistorikerin Bernadette Reinhold und der bereits erwähnte Eike Schmidt. Schauplätze sind Wien, Rom, Florenz und Berlin.
Ein Projekt von Ines Mitterer und Walter Reichl.
(Text: Michael Meister)

manifesta / Palermo

Die Manifesta in Palermo

Palermos Bürgermeister hätte es nicht weggeschickt, das Rettungsschiff mit den 629 Flüchtlingen an Bord, das jetzt im spanischen Valencia Aufnahme gefunden hat.
Leoluca Orlando, Langzeitchef im Rathaus von Palermo hält Migration für ein Menschenrecht und begrüßt Rettungsschiffe mit afrikanischen Flüchtlingen oft selbst im Hafen von Palermo. Interessanterweise hat ihm das bei den letzten Wahlen kein bisschen geschadet.
Seine Politik ist der Gegenentwurf zur neuen Regierung in Rom. Hier vertraut man dem Humanisten, der einst die Mafiahochburg Palermo von ebendieser so gut wie befreit und die ziemlich abgerockte Stadt mit EU-Förderungen wieder aufgemöbelt hat. Und einer, der vor der Cosa Nostra keine Angst hat, fürchtet sich eben auch nicht vor Migration.
Wie passend, dass sich die Stadt mit der europäischen Wanderbiennale Manifesta jetzt ein Kunstgroßereignis eingeladen hat, das den empfindlichen Themenkomplex Migration auf kultureller Basis weiterdenken will.
Die 12. Ausgabe dieser Biennale, die alle zwei Jahre von einer anderen europäischen Stadt ausgetragen wird, widmet sich in den Austragungsorten, die in ganz Palermo verstreut sind, dem „Planetarischen Garten“ eine Metapher für Koexistenz, für das Zusammenleben von Pflanzen, die von überall her kommen – gelebt seit Jahrhunderten im legendären Botanischen Garten der Stadt.
Als Insel im Mittelmeer hat Sizilien viele Kulturen erlebt, Griechen, Karthager, Römer, Araber, Normannen und Spuren von alldem finden sich als typischer Mix in der Pflanzenwelt, der Kulinarik, der Architektur, der Musik.
Ein fruchtbarer Boden, auf dem Koexistenz trainiert werden kann. Die Manifesta ist keine Leistungsschau der Künste, es geht nicht um die Potenzierung des Warenwerts der Werke, sondern um das kreative Suchen nach Alternativen für die großen Herausforderungen dieser Zeit.
Mit dabei Rem Koolhaas urbanistisches Labor OMA, der berühmte französische Landschaftsarchitekt Gilles Clément oder die Oscar Preisträgerin Laura Poitras. Die Bildende Kunst ist also nicht die einzige Disziplin, die hier Veränderungen möglich machen will. Und: Leoluca Orlandos Politik gehört sicher auch dazu.

Die Jakob Lena Knebl Radioshow über Kunst, Design und gleich das ganze Leben.

Die Verwirrung im Namen ist Programm: Obwohl ihr Erscheinungsbild auf eine weibliche Biografie schließen lassen würde, geht Jakob Lena Knebl solchen Eindeutigkeiten unbedingt aus dem Weg und präsentiert sich oft auch als Künstler. Mit so schrägen wie lustvollen Performances ist Knebl, Senior Artist an der Akademie der bildenden Künste in Wien, aufgefallen. Da zeigt ihr üppiger nackter (Frauen-)Körper etwa eine Bemalung á la Mondrian oder Picasso. Da verführt sie mit Lack und Glitzer oder macht aus sich ein edles Polstermöbel. Ein glamouröser Mix aus Kunst und Design, Mode, Popkultur und Burleske. Was ausschaut wie ein Spiel, ist es auch – vermittelt so aber auf elegant verführerische Weise ihr Nachdenken über Körper, Schönheit, Begehren oder Altern.

Höhepunkt der Karriere und des Publikumsgenusses: eine von Jakob Lena Knebl gestaltete Ausstellung im Museum Moderner Kunst in Wien, wo sie die Kunstgeschichte reizvoll ins Heute bringt, einer Giacometti-Figur schon einmal einen roten Mantel anzieht oder sich selbst in ein Botero-Gemälde implementiert. Für die Radioshow entscheidet sich Jakob Lena Knebl, die Mode bei Raf Simons und Bildhauerei bei Heimo Zobernig studiert hat, gemeinsam mit der Diagonal-Redaktion für akustische Ausflüge quer durch Design, Mode, Kunst und Musik. Glamourfaktor: XXL!

Israel – Hula Hoop mit Stacheldraht

Eine junge Frau steht nackt am Strand von Tel Aviv. Um ihre Hüften lässt sie einen Hula Hoop Reifen kreisen. Es ist ein Reifen aus Stacheldraht, der blutunterlaufene Flecken auf ihrer Haut hinterlässt, den Körper der jungen Frau mit jeder neuen Kreisbewegung ein wenig mehr verletzt und aufreibt. Nur der Strand, sagt die Künstlerin Sigalit Landau, ist die „einzig natürliche und ruhige Grenze“ ihres Heimatlandes Israel. Dieses Land, das sich immer wieder an seinen inneren und äußeren Grenzen und Schichtungen, seinen kutanen und sub-kutanen Widersprüchen, seinen blutigen und unblutigen Konfliktzonen und Historien aufreibt und aufreiben muss, wird heuer 70 Jahre alt.

Eine detaillierte Geschichte des modernen Israel möchte dieses Diagonal nicht erzählen, dafür aber von kleinen und großen Erzählungen und Geschichtsbildern, von individueller und kollektiver Erinnerung und Gegenwart, von verblassten Utopien und neuen Hoffnungen, die das Land in seiner hybriden Inter- und Multikulturalität geformt haben und formen.

„Diagonal“ auf einer selektiven Vermessungsfahrt durch die zeitgenössische Kunst, Kultur und Medienlandschaft Israels und der palästinensischen Gebiete – dies- und jenseits der „grünen Linie“.

Mit unter anderen: Sigalit Landau, Zeruya Shalev und Moshe Zimmermann