Helmut Lang

I: Außer maskiert im Publikum.

HL: Ja nur das glaub ich würde ich mir selbst nie zulassen, weil dann würde ich etwas verantwortungslos sein.

I: Um noch einmal auf diesen Kunstaspekt zurückzukommen. Es gibt ja durchaus Arbeiten von Modedesignern, die ins Museum kommen. Nicht nur von den früheren sondern jetzt denke ich speziell an ???. Wenn jetzt das hypothetisch Moma eine Modedesignabteilung eröffnen würde und Sie bitten würde ein bis drei Kleidungstücke auszusuchen, würde Ihnen da was einfallen, was wirklich stellvertretend für Ihre Arbeit stehen würde?

HL: Es ist ja so, dass es gar nicht ungewöhnlich ist, dass Museen Mode anfordern, zumindest nicht hier in Amerika, wo traditionell eine modische Kultur ist, ist es eigentlich Gang und gebe und wir haben sehr viele Anfragen und werden in den nächsten Monaten dann entscheiden mit welchem Museum wir zusammenarbeiten, aber die errichten dann ein großes Archiv. Neben den Kleidungsstücken eben auch Installationen, einfach Fragmente von der Arbeit schlechthin. Das was in der Kunsthalle in Wien passiert, hat damit gar nichts zu tun, das ist zuerst mehr aus der Anregung heraus entstanden, eine Ausstellung zu machen und Dr. Matt gesagt hat, mit zwei drei Künstlern und ob ich mir das vorstellen könnte. Und ich hab dann die Jenny gefragt, die eigentlich Lust hatte wieder was zu machen und wir haben uns dann eigentlich überlegt dass die Louise interessant wäre, weil wir beide ihre Arbeit sehr mögen und wir haben uns dann zu dritt getroffen, mochten uns gleich und waren dann auch sehr neugierig mehr Kontakt miteinander zu haben. Und jeder hat für sich sein Projekt ganz alleine gemacht, das kommt dann eigentlich erst in Wien im Ausstellungsraum zusammen, das ist ja nicht konzipiert als irgendeine Geschichte sondern drei unabhängige, die aber miteinander irgendwie kommunizieren werden, weil wir drei auch ganz gut miteinander kommunizieren und das interessante war die Auseinandersetzung und so muss man das auch verstehen. Ich glaube nicht, dass das verstanden werden soll als eine Kunstmodegeschichte. Das ist ganz verkehrt. Es ist so modisch geworden heute und das führt aber zu keinem Resultat. Wir waren mehr daran interessiert, weil sich jeder irgendwo mit den Menschen beschäftigt und mit der sozialen Umwelt und so verschieden das jeder von uns ausdrückt oder wie verschieden sich jeder damit beschäftigt, es sind ja Zustände von Nähe und Entfernung, von Geborgenheit und Abstand, einfach von diesen Spannungen und sich darüber zu unterhalten war sehr interessant.

I: Was sind da die Felder bei Ihnen, wenn sie sprechen von sozialen Problemen, von gesellschaftlichen Veränderungen, wo forschen Sie, einfach auf der Straße oder im Fernsehen oder mit Zeitungen.

HL: Ich glaube forschen tu ich gar nicht. Es ist ja glaube ich wenn man so einen ganz lebendigen Zustand zum Leben an sich hat dann kann man ja gar nicht unberührt sein, was so mit sich selbst und mit allen anderen vor sich geht. Die Definition warum oder wieso man das macht ich glaube das gibt es auch nicht. Das ist etwas was einem mitgegeben ist, das ist zum Teil kompliziert, macht zum Teil das Leben aber viel reicher und gibt an sich letztendlich dem Leben viel mehr Substanz, wenn man einfach an vielen Dingen interessiert ist. Es sind nicht unbedingt Probleme, es ist das Leben schlechthin und das besteht so. Es ist auch wie eine Art Spirale. Man kommt immer wieder auf ähnliche Punkte und man kann es immer wieder aus einem anderen Winkel betrachten. Mit allem was andere mit einem gelebt haben.

I: Man denkt immer, dass berühmte Modedesigner, berühmte Künstler wie sie zum Beispiel völlig abgehoben von der Wirklichkeit leben und auf einem ganz elitären Schiene denken, arbeiten und leben, aber das ist eine Illusion.

HL: Was die anderen machen, weiß ich nicht, ich bin eigentlich mit niemandem aus der Modeszene wirklich befreundet, die Kommunikation zwischen den Designern ist immer ein bisschen schwierig. Ich hatte aber immer das Glück großartige Freunde zu haben und bin mit vielen auch seit 20 Jahren befreundet und zwar aus allen sozialen Schichten. Und natürlich auch meine Freundschaften zu Leuten wie dem Kurt einfach wahnsinnig wichtig waren in meinem Leben. Da ist eigentlich das, was für mich immer wichtig war. Mir war auch immer ein guter Zustand zur sozialen Wirklichkeit wichtig. Wenn das modische dann so in die Ebene kommt wo es so operettenhaft wird und sich eigentlich beschäftigt mit allem was vergangen ist, dann ist mir das zu uninteressant das sind Dinge, die alle passiert sind. Mir liegt einfach daran dass eine Kommunikation zwischen dem was ich mache und zwischen dem was wir heute leben stattfindet und die Zukunft wird dann entscheiden wie zukunftsweisend das war. Man kann ja solche Wertigkeiten gar nicht aufbauen.

I: War diese Show oder dieser Zirkus um die Mode oder dieses Reflektieren auf die Vergangenheit und vergangene Dinge und Geschichte auch mit ein Grund dass sie Paris verlassen haben und jetzt nach New York gezogen sind?

HL: Nein, gar nicht. Das war ja immer so, die Elemente in der Mode hat es immer gegeben, es ist eigentlich auch ganz wichtig, dass es sie gibt, es muss ja auch eine Vielfalt von modischen Zuständen geben, sonst ist es ja ganz einheitlich. Nein im Gegenteil wie wir 86 zum ersten Mal in Paris gezeigt haben, war ja gerade eine sehr hemmungslose Zeit und was ich damals gezeigt habe war ganz ungewöhnlich, weil einfach niemand so einen Blickpunkt hatte, dass hat eigentlich den Unterschied so wirklich stark herausgearbeitet und das 10 Jahre später oder 12-13, die Zeit vergeht relativ schnell, dass diese dramatische Ebene immer noch gibt, zeigt natürlich auch, dass dafür offensichtlich ein Bedürfnis besteht. Aber der Umzug nach New York hat damit einfach nichts zu tun.

I: Aber schon mit Ihrem Geschäft und Ihrer Arbeit?

HL: Ja es hat mehr damit zu tun, dass wir es geschafft haben relativ lange, viel länger als jeder geglaubt hat, von Wien aus das alles auszubauen, weil Wien ja nicht seine Qualität im Modischen hat, was ich ja eigentlich auch zu schätzen wusste immer. Aber dann sehr kompliziert geworden ist, weil man sich für jede Kleinigkeit faktisch immer zwei drei Grenzen überschritten werden und es war einfach jetzt die Entscheidung fällig in einer der vier Städte, London, Paris, Mailand oder New York irgendwas aufzumachen und ich habe mich dann für New York entschieden, weil ich eigentlich in den letzten zwei Jahren schon viel hin und her fahren musste monatlich und auch weil ich Paris im Grunde genommen schon für eine lange Zeit gelebt habe und ich dachte dann eigentlich dass eine noch größere Bewegung, als jetzt nach Paris zu ziehen dann richtiger ist und ich auch finde, dass New York richtiger ist für das was das Leben heute für mich repräsentiert. New York ist so eine Zusammenfassung, so ein kleiner Globus, es sind eigentlich alle Nationen hier alle Sprachen. Es hat so etwas ganz großzügiges und dann hat es wieder was dörfliches, eine ganz kleine Struktur in dem großzügigen. Und das erschien mir eigentlich ganz selbstverständlich. So wie ein Leben aus erster Hand, das Leben in Europa erschien mir dann ein bisschen wie ein Leben aus zweiter Hand, das hat ein bisschen damit zu tun, dass doch die amerikanische Kultur sich nach dem zweiten WK sich einfach so über Europa gebreitet hat, dass alles was wir im Grunde in Europa lieben Geschichte ist, dass alles was mit dem modernen Leben zu tun hat, eigentlich aus Amerika importiert ist und bei dem was ich eben mache, erschien es mir dann einfach richtig, nach New York zu ziehen. Viele Freunde von mir, die nicht aus Österreich sind, mit denen ich gearbeitet habe sind schon vor zwei drei Jahren hergezogen, also ich war fast der letzte der Nach New York gezogen ist.

I: Ich schau natürlich immer genau, woher Ihre Kleidung kommt. Da steht immer drinnen Made in Italy. Das hat sie nicht für Mailand erwärmen können?

HL: Wir machen schon seit jeher wird alles in Italien produziert. Mailand als Stadt ist fast ein bisschen lieblos. Ich überlege mir das immer, in Mailand denk ich mir dann es ist gar nicht so schlecht, aber wenn man dann genauer hinschaut, ist die Stadt irgendwie lieblos. Es ist zu wenig historisch, als dass man das romantisieren kann, zu wenig modern. Italien hat einfach das Monopol in der Produktion der Bekleidung, aber Mailand als Stadt hat überhaupt keine Attraktion.