EXPO 2015 Mailand – Jacques Herzog

Die Italiener haben es doch geschafft! „Wenn es eng sind, sind wir am besten“, sagt uns ein Passant in der Modegasse Via della Spiga. „Den Planeten ernähren, Energie für das Leben“ lautet das brisante und eigentlich brandaktuelle Thema der EXPO. Weltweit sterben jährlich 9 Millionen Menschen an Unterernährung, Riesenkonzerne entziehen kleinen Bauern die Lebensgrundlage und bringen durch Monokulturen oder Rodungen das ökologische Gleichgewicht ins Wanken. Von all diesen Problemen aber wird das Publikum der EXPO nur wenig berührt. Trotz symbolhafter Bauten von Stararchitekten wie Daniel Libeskind oder Norman Foster bleibt das eigentliche Thema im Hintergrund. Die meisten der 145 teilnehmenden Länder nutzen die 6-monatige Veranstaltung als Leistungsschau und Produktwerbung. Nur wenige Beiträge suchen Antworten auf die Frage, wie die Menschheit in Zukunft vernünftig ernährt werden kann. Viel Spott erntete die Weltausstellung nicht nur wegen der vielen Sponsoren-Pavillons von Fastfoodketten und Süßwarenherstellern. Auch die Schmiergeldaffaire bei der Vergabe von Bauaufträgen, die die Verhaftung von sechs EXPO-Managern zur Folge hatte, wirft kein gutes Licht auf die Weltausstellung, die die italienische Regierung mit 1,3 Milliarden Euro finanziert.
Zum Für und Wider von Weltausstellungen im Allgemeinen und dieser im Besonderen nehmen unter anderem die Masterminds dieser EXPO Stellung, die ihr ursprüngliches Konzept kaum wieder erkannten: der charismatische Slow Food Gründer Carlo Petrini, den die Italiener immer wieder gerne als Staatspräsident sehen würden, der schweizer Stararchitekten Jaques Herzog von Herzog & de Meuron und der Mailänder Stefano Boeri, gerade für sein jüngstes Bauprojekt, den „grünen“ Wolkenkratzer „Bosco Verticale“ unter 800 Konkurrenten mit dem internationalen Hochhauspreis ausgezeichnet. Sie alle sind der Meinung, dass der österreichische Beitrag auf der EXPO, der mit einem echten Wald gute Luft als Nahrunsmittel zur Verfügung stellt, einer der wenigen ernstzunehmenden ist.

Sondersendung Brasilien 2014

Hotspots Favela!
Brasilien hat sich herausgeputzt für die Weltmeisterschaft, koste, was es wolle!! Finanziell und gesellschaftlich. Und die einschneidenden Veränderungen lassen sich nirgendwo sonst so deutlich ablesen wie in Rio! Denn nirgendwo sonst liegen die Armenviertel, die Favelas, so nahe und so sichtbar im Zentrum der Stadt. Favelas wie diese, „der Complexo Alemao“ wo sich bis vor kurzem niemand hingewagt hätte, der nicht hier aufgewachsen war. Nicht nur Wohngebiet der Armen, sondern auch Herrschaftsgebiet der Drogengangs, bewaffnet bis zu den Zähnen und jederzeit gewaltbereit. Bis ins Jahr 2011. Um die Kriminalität in der Stadt für die Weltmeisterschaft und die Olympiade 2016 halbwegs in den Griff zu bekommen, schickte man die Militärpolizei in die Favelas. Ihre Aufgabe: die Drogenszene zu vertreiben und dadurch die Mordrate, den Besitz schwerer Waffen, die Entführungen und Bandenkriege zu bekämpfen. Auf den ersten Blick ist die Übung gelungen. Eine Verbesserung der Lebensqualität auch für die Favela Bewohner. Die allerdings ihren Preis hat: in den ersten 72 Stunden nach der Übernahme der ersten drei Favelas durch die Polizei sind die Immobilienpreise dort um 50 % gestiegen. Jetzt, da diese Viertel nicht mehr gefährlich sind, zieht es auch die Mittelschicht dahin, die sich wiederum die ins Astronomische gestiegenen Wohnkosten in den traditionellen Vierteln nicht mehr leisten kann. Bars eröffnen, Restaurants und Übernachtungsmöglichkeiten, wo sich auch Ortsfremde und Touristen schon hin trauen. Die ursprünglichen Bewohner sehen ihre neue Lage als Chance und Problem – Favela-chic und die Angst vor dem Vertrieben werden dominieren das Bild.

Copacabana
Kaiserin Leopoldina hätte es nie gemacht. Stefan Zweig schon: ein Bad im Meer zu nehmen gehörte bis vor einhundert Jahren absolut nicht zur Alltagskultur der europäisch gebildeten Brasilianer und ihrer Gäste. Erst Ende des 19. Jahrhunderts mit dem gewachsenen Interesse an frischer Luft, Gesundheit und einem gewissen Körpergefühl begannen Seebäder auf dem alten und dem neuen Kontinent zu boomen. Genau die Zeit, in der dieser Küstenabschnitt, vorher eine richtige Gstättn, durch einen Tunnel erschlossen wurde. Copacabana. Schon das Wort allein lässt vor unserem imaginären Auge einen der schönsten Stadtstrände der Welt auftauchen. Mondän, sexy, modern. In seiner Hochzeit, den 1950er und 60er Jahren brachte dieses Stückchen Erde, gerade einmal viereinhalb Kilometer Strand und weniger als acht Quadratkilometer Fläche, eine neue Musik und eine neue Körperkultur hervor: Bikini und Bossa Nova. Ein Sehnsuchtsort, an dem in diesem sonst sozial so zerrissenen Land, ein Lüftchen Demokratie und Gleichheit das Klima mildert: am Strand sind alle gleich: nur hier teilen sich Firmenchef und Hausangestellte das selbe Fleckchen Sand, mit der gleichen Berechtigung und mit dem gleichen Vergnügen. Seine Geschichte ist eine Geschichte der Moderne, wie Ines Mitterer erzählt, nicht zufällig hat hier ja auch Brasiliens Jahrhundertarchitekt Oscar Niemeyer seine Inspirationen bezogen.

Design in gelb-grün
Sao Paulo ist eine bemerkenswerte Metropole, wo schon früh neben dem großen Geld auch die große Kultur eine Rolle gespielt hat. Denn Sao Paulo, der Industriemoloch, ist auf der einen Seite rauh, hart und grob, auf der anderen Seite höchst raffiniert, voll Kunstsinn, Eleganz und konkreter Poesie. Kaffee-, später Industrie-, heute Finanzbarone machten sich als Mäzene einen Namen. Kauften Kunst aus Europa, als deren Preise – vorwiegend rund um den 2. Weltkrieg – im Keller waren und errichteten drumherum Museen. Die zweitälteste Kunstbiennale der Welt, in einem Bau von Oscar Niemeyer untergebracht, ist hier genauso zu Hause wie eine Kunstmesse, einer der besten Konzertsäle oder eine quicklebendige Designszene. Was Mailand für Europa ist Sao Paulo für den amerikanischen Kontinent: ein Mekka des Mode- und Industriedesigns. Längst werden Möbelstücke der Meister der brasilianischen Moderne wie Joaquim Tenreiro oder Sérgio Rodrigues um 100.000ende Dollar ge- und verkauft. (ein Stuhl von Tenreiro ist gerade um 300.000 USD versteigert worden!!!!) Die so witzigen wie schlauen Entwürfe der Superstars der Szene, der Gebrüder Campana, werden von italienischen Firmen im Luxussegment hergestellt und weltweit vertrieben. Die Mischung aus europäischer Tradition, amerikanischer Moderne und einem Schuß unkonventioneller Exotik verleiht diesen Kreationen ihre Attraktivität. Ein Brancheninsider, der Sammler und Gründer der Designmesse Sao Paulo, Waldick Jatobá, führt uns durch das Reich der Begehrlichkeiten.

Stadtportrait Rom. Ankunft in der Gegenwart.

Rom! Das ist die weltgrößte Ansammlung alter Steine. Das ist Pracht und Prunk aus vergangenen Zeiten. Ströme von Menschen, die sich das anschauen wollen. Halsbrecherisches Verkehrschaos, das zu ordnen schon Cäsar nicht gelungen ist, als er im Jahr 45 vor Christus ein Fahrverbot für die Urbs erlassen hatte. Und Rom, das war lange Zeit „die langweiligste Hauptstadt der Welt“ (O-Ton Michael Schrott). Aber sogar in der ewigen Stadt tut sich jetzt etwas. Der Bürgermeister fährt mit dem Rad zur Arbeit!!!! Eine Nachricht, die man mit einigen Rufzeichen versehen muss, nimmt man in Rom das Auto doch auch um Panini und Zigaretten einzukaufen und läßt es gerne in dritter Spur stehen. Es entstehen neue öffentliche Gebäude – ein Wunder in dieser Stadt, in der seit Mussolinis Zeiten eine Art mentaler Baustopp Zeitgenössisches in der Architektur verhindert hat. Richard Meiers schlichte Hülle um den Ara Pacis, den Friedensaltar, hat den Anfang gemacht. Zaha Hadid baute ein Museum für zeitgenössische Kunst das MAXXI und der Römer Massimiliano Fuksas freut sich über den ersten großen Bauauftrag in der eigenen Stadt. „La nuvola“ ein spektakuläres Gebilde aus Glas und Stahl, einer Wolke ähnlich, in dem ein Kongresszentrum untergebracht werden soll. Altstadtviertel, wie Monti, verwandeln sich mithilfe von Künstlern, Kulturschaffenden, kreativen Geschäftsleuten und Studenten in Zentren einer neueren, jüngeren Kultur, auf der Flucht vor dem ewigen Gestern. Zeitgenossenschaft bedeutet natürlich auch, dass man in Rom langsam aufwacht und sieht, dass in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise die Mafia die einzig liquide Organisation ist, die kleinen Wirtschaftsbetrieben die nötigen „Kredite“ gibt. Dutzende bekannte Restaurants, Gelaterie oder Lebensmittelgeschäfte mussten gerade ihrer guten Beziehungen zu Mafia oder Camorra wegen ihre Rollläden bis auf weiteres herunterlassen. Rom, lange Zeit zu selbstbewußt und verwöhnt, um veränderungswillig zu sein, kommt langsam da an, wo sich seine Bewohner, die alten und die neuen, schon längst durchsetzen müssen: in der Gegenwart.

13. Architektur Biennale Venedig

Mit seinem Thema Common Ground will Kommissär David Chipperfield bei der diesjährigen Biennale irritieren, geht es doch heuer nicht um eine Leistungsschau: der Chef hat der Branche Nachdenken verordnet. Dem Architektur-Jetset und seinen spektakulären Bauten erteilt Chipperfield in seiner Biennale eine Abfuhr.

Superstadt!

Superstadt! Kunstuniversität Linz
SUPERSTADT! 2
Ein Symposium zum öffentlichen Raum der Stadt

SUPERSTADT! lotet die Möglichkeiten des öffentlichen Raums aus, begibt sich auf die Suche nach ungewohnten Stadtnutzungen, testet die Grenzen von Öffentlichkeit und Privatheit, ruft revolutionäre Stadtpraktiken in Erinnerung und vergleicht den Status quo Linz mit jenem von Sao Paulo, Detroit oder Shanghai. In einem internationalen Symposium verhandeln ArchitektInnen mit SoziologInnen, KuratorInnen und AkteurInnen über ein Manifest für eine Neuinterpretation des öffentlichen Raums der Stadt und Djanes organisieren zum Abschluss ein Superfest!

Kuratiert von Sabine Pollak, Architektur | Urbanistik, Kunstuniversität Linz

Moderation: Ines Mitterer

12. Architektur Biennale Venedig

LEISTUNGS-SCHAU: ARCHITEKTONISCHE ZUKUNFTSPERSPEKTIVEN – Utopien auf der Biennale
Die Zukunft – ist sie auf Holz gebaut? Fast hat es den Anschein und für viele ist dies ein beruhigendes Gefühl.
Der Goldene Löwe der Architektur-Biennale ging überraschend an Bahrain. Das Motto, das Biennale-Kuratorin Kazuyo Sejima ausgegeben hatte, wurde so sinnfällig eingelöst: People Meet in Architecture – Bauwerke als Orte der Kommunikation, auf die Bedürfnisse des Menschen zugeschnitten. Ein Stimmungsbild von der Architektur-Biennale samt Interview mit Weltstar Rem Koolhaas, der den Lebenswerk-Löwen zuerkannt bekommen hat.

Antonio Foscari und sein Venedig

EXKLUSIV-FÜHRUNG: ANTONIO FOSCARI UND SEIN VENEDIG – Geheimtipps vom Nachfahren des Dogen
Ein spezieller und kritischer Rundgang durch Horte baulicher Schönheit, wie sie kaum ein Venedig-Tourist je zu sehen bekommt. Die Stadt ist zu teuer und zu kompliziert für ein normales Leben. In Venedig wohnen immer weniger Venezianer. Graf Antonio Foscari ist wie kein Zweiter mit der baulichen Geschichte der Stadt verbunden – als Nachfahre des Dogen Francesco Foscari, der den Dogenpalast fertig stellen ließ und als Architekturprofessor. Für den kultur.montag war er bereit, einige Geheimnisse seiner Stadt preiszugeben und uns davon zu erzählen, was ihn in Venedig freut und ärgert.

11. Architektur Biennale 2008

Wie leben – wie wohnen wir in Zukunft? Diese Frage stellt sich alle zwei Jahre die älteste Architekturbiennale der Welt in Venedig. Die heurige Großausstellung steht unter dem Thema Da draußen – Architektur jenseits des Bauens und schlägt Baukünstlern wie Bauherren vor, der Fantasie freien Lauf zu lassen. Vorbild: die Filmarchitektur, möglichst Science Fiction. Große Namen wie Frank Gehry, Zaha Hadid, Coop Himmelblau, Asymptote oder Ben van Berkel gehören dazu, aber die wirklich innovativen Vorschläge kommen inzwischen von den nachfolgenden Generationen, die sich bewusst weniger glamourös geben. Der Spanier Vicente Guallart etwa nutzt das Internet als Vorbild für die Neuorganisation des Lebens im Alltag. Oder Architekturstudenten der Technischen Universität (TU) Wien, die ein Niedrigenergiehaus aus Europaletten gebaut und mit diesem Palettenhaus einen EU-Wettbewerb gewonnen haben. Das Siegerprojekt wurde bei der Architekturbiennale in Venedig an prominenter Stelle realisiert – direkt am Quai: Da draußen – vor den Toren der Biennale.

Peter Eisenman

Mit seiner Schau im Museum für Angewandte Kunst will Peter Eisenbahn Raum erfahrbar machen, unter dem komplexen Titel: Barfuß auf weiß glühenden Mauern. Der 72-jährige Vordenker der Architektur aus New-York hat sich immer eher der Theorie gewidmet als dem tatsächlichen Bauen. Mit berühmten Ausnahmen wie dem Holocaust-Mahnmal in Berlin, das gerade fertiggestellt wird.