Helmut Lang

I: Interessieren Sie andere Aspekte aus der Geschichte der Bekleidung, befassen Sie mehr damit gibt es da vielleicht auch so österreichische Aspekte?

HL: Ich würde jetzt sagen, nicht im Fokus, ich meine natürlich weiß man was passiert ist und speziell mit österreichischer Bekleidung, die ja zum Teil auch ein Klassiker in der Mode ist, wir haben Kleidungsstücke die einfach Klassiker geworden sind. Die Engländer haben einiges beigetragen, auch unser Kulturgebiet hat viel beigetragen. Das ist schon , das gibt’s einfach, und das hat man so irgendwo gespeichert und verwendet es dann abstrakt, aber als Fokus verwende ich es eigentlich nicht mehr. Es ist nur immer da und wird einfach zum formulieren auch verwendet.

I: Es ist nicht so wie bei Vivienne Westwood zum Beispiel die ganz bewusst in diesen Kasten greift und dann etwas ganz was neues schafft.

HL: Das mache ich schon lange nicht mehr, das versuche ich schon lange zu vermeiden, dass so alles ganz explizit, und ich habe das am Anfang gemacht und fand das dann nach kurzer Zeit irgendwie altmodisch, dass man sich so auf ein ganz spezielles, dass man so ein spezielles Thema kreiert, das dann der Name der Kollektion ist, das fand ich irgendwie schwachsinnig vor allem weil ich doch Teile mache, die eigentlich ein langes Leben haben sollen. Es gibt Teile die kurzlebiger sind und Teile, die langlebiger sind und da immer eine Geschichte zu einer Kollektion erschien mir einfach altmodisch.

I: Punkto Auflage, man weiß bei Bücher welche Auflagen sie haben, man weiß es bei Platten, kann man sagen, welche Auflage ein bestimmtes Kleidungsstück von Helmut Lang von einer Saison international hat?

HL: Ja, natürlich kann man das, wir sagen das nur nie, weil ich finde immer wichtiger so die Arbeit an sich über Volumen und Stückzahlen an sich äußern wir uns meistens nicht, weil das kippt dann gleich so in eine wirtschaftliche Seite, die eigentlich sagen wir mal neben der sozialen Wirklichkeit die andere Wirklichkeit ist, die aber eigentlich mit dem Thema dann viel später zu tun hat. Es gibt von manchen Teilen eben sehr wenig, das ist dann für manche Leute sehr interessant ist, aber ich möchte daraus eigentlich kein Konzept machen.

I: Das ist jetzt sehr unamerikanisch. In der kurzen Zeit, in der ich hier war habe ich immer sehr viel gehört, das gibt es so und sooft und kostet so und so viel. Es ist so ein bisschen die mitteleuropäische Zurückhaltung, was Zahlen betrifft.

HL: Ich glaube nicht, dass man sich einfach von einem Punkt zum anderen bewegt und man ist dann das, was so auf dem Platz wo man gerade ist, gilt. Ganz im Gegenteil, ich war eben gezwungenermaßen durch die Situation in Wien immer unterwegs und empfinde mich aber einfach so wie ich bin aus dem mitteleuropäischen Kulturkreis und ich glaube nicht, dass sich das irgendwie ändern wird oder durch New York, das kann ich mir nicht vorstellen.

I: Welche Beziehung haben Sie zu dem Konzernchef in sich, weil sie sind ja beides, Künstler und Leiter einer großen Firma quasi.

HL: Ja, ich würde sagen, ich ignoriere das einfach so gut ich das kann und das kann ich ziemlich gut und damit lässt sich dann gar nicht so schlecht leben.

I: Es ist nicht so, dass Helmut Lang einen künstlerischen Direktor hätte und einen wirtschaftlichen Direktor hätte, so wie wir das bei uns bei den großen Kulturinstitutionen so der Fall ist.

HL: Na ich bekümmer mich natürlich um das was ich mache, in erster Linie und um das andere natürlich auch, was auch notwendig ist. Ich mein das war finde auch eben, das hatte ich beim Kurt als erstes gelernt und dann eben auch bei anderen Leuten wiedergefunden, dass man sich heute nicht mehr mit der Arbeit für sich selbst beschäftigen kann, sondern sich sehr wohl auch beschäftigen muss, was mit der Arbeit nachher passiert, wie sie präsentiert wird, wo sie hinkommt usw. usw. Das ist ja die Ironie deswegen war ich vorher bei der Frage auch so vorsichtig, zwischen Kunst, Bekleidung, Mode, kam ja dann auch zum Ergebnis, dass eigentlich dieser Termindruck der saisonale eigentlich die Leichtigkeit ist, die in der Kunst, wenns überhaupt eine gibt, sonst aber glaube ich ist alles ähnlich kompliziert und weitreichend im System und man kann eben nicht einfach nur seine Arbeit machen, es kann einem nicht komplett egal sein, was damit passiert, dafür sind die Medien heute, es ist alles viel zu global, dass man sich darum einfach nicht kümmern muss.

I: Eigentlich ist es so ähnlich, wie bei einem Popstar, oder ?

HL: Naja, ich würde nicht sagen, dass alle Künstler Popstars sind.

I: Nein ich meine wie bei Ihnen zum Beispiel, bei Modedesignern, weil der Wirbel um die Person ist ähnlich groß.

HL: Ich glaube das ist in jedem Beruf, wenn man so will als altmodisches Beruf, dass es immer zwei Geisteshaltungen gibt. Es gibt Leute, die einfach überall präsent sein wollen und überall hingehen und eben auch zur Eröffnung eines Briefkuverts, wie man so schön sagt und es gibt andere Leute, die zurückgezogener leben und arbeiten und ihre Arbeit publizieren und das im Wesentlichen ihr Auftritt in der Öffentlichkeit ist. Bei mir ist das ähnlich. Ich glaube dass das jeder für sich ganz selbst entscheiden kann, wie präsent oder nicht präsent man mit seiner Person sein kann. Das hat ja mit der Wichtigkeit oder Wertigkeit nichts zu tun, was ja eigentlich dieses Pop vor dem Star ausmacht, ist wie viel man auf den Yellow Pages oder wie man das sagt, wie viel sozialer Unfug der noch verbunden ist, oder obs um die Arbeit geht. Es gibt Schauspieler, die sind weltbekannt, man hat aber von ihnen so ein ganz integeres Image und es gibt andere, die einfach viel bunter sind. Wie gesagt ich glaube es hängt immer von der Person ab, unabhängig vom Beruf.

I: Jetzt habe ich noch eine Abschlussfrage. Wenn man das Wort Mode so im landläufigen Sinn hört, denkt man an sehr kurzlebige Dinge, sehr oberflächliche Dinge. Ihre Arbeit widerspricht dem total. Was haben Sie für einen Begriff von Mode, ist es deshalb keine Mode.

Hl: Ich glaube, was sich so herauskristallisiert hat und am Anfang ist das ja immer nicht so klar, wenn man anfängt so seine ersten Arbeiten zu machen Ich glaube dass es gut gelungen ist und zuerst auch ohne Absicht, eine gute Definition von Bekleidung und Mode irgendwie zusammen zubringen. Ich sag ja immer häufiger jetzt Bekleidung, weil darum geht es eigentlich, ist dann immer mal was modisch und auch seit langen Jahren sehr einflussreich modisch, es hat aber so viele Elemente, die so zu Klassikern fast geworden sind und das eine schließt das andere ja nicht aus. Es gibt eben Teile, die die Funktion haben modisch zu sein für kurze Zeit, weil das wichtig ist auch, einfach für die Abwechslung und Dinge, die eben sehr langlebig sein müssen und die Kombination aus kurz-und langlebigen in der richtigen Spannung macht das dann richtig innerhalb einer Arbeitsperiode. Im Nachhinein dann eigentlich so, jetzt kann man ja fast so einen Rückblick machen, ab 86 irgendwie, die Zeit wo eigentlich die Arbeiten international präsentiert wurden. Vieles davon sind Klassiker geworden und es ist aber immer noch sehr einflussreich und es hat so eine Wechselwirkung. Manchmal ist etwas klassische, wird dann für kurze Zeit modisch und wird dann wieder klassisch. Das hat auch so darauf zu tun, wie man sich fokussiert oder wie sich dann einfach die Öffentlichkeit auf gewisse Teile fokussiert. Ja und über diese Zufälligkeit von den beiden Dinge, dass die so nebeneinander existieren können, ohne sich auszuschließen, was relativ ungewöhnlich ist, also da gibt’s wenige, das ist mir dann in der Zwischenzeit auch so klar gemacht worden, würde ich mal sagen. Über den Zustand bin ich eigentlich sehr froh.

I: Danke schön.

Transkription: Barbara Peintinger