Die Männer. Das schwache Geschlecht

Seit 40 Jahren zerbröselt das marmorne Standbild des Mannes als unbestrittener Herrscher über die außerfamiliäre Welt. Die Frauenbewegung hat ihr Scherflein dazu beigetragen, aber auch eine Wirtschaft, die auf Frauen als Erwerbstätige nicht mehr verzichten will. Die Folge: es gab schon einmal bessere Zeiten fürs Mannsein.

Sie sind öfter krank, stellen an den Universitäten inzwischen die Minderheit, begehen dreimal öfter Selbstmord als Vertreterinnen des anderen Geschlechts und sind hin- und hergerissen zwischen den alten Anforderungen – die großen Checker im Job darzustellen – und den neuen – verständnisvolle Väter mit Tagesfreizeit zur Erquickung des Nachwuchses zu sein.

Männer haben es heute schwerer, und sie tun sich schwer in unserer Gesellschaft. Nicht umsonst spielt Michel Houellebecq in seinem jüngsten Roman „Unterwerfung“ wollüstig mit der Fantasie, dass Frauen wieder aus dem öffentlichen Raum verschwinden, sich aus dem Berufsleben zurückziehen und so den Konkurrenzdruck von der Männerwelt nehmen – vor der Emanzipation war scheinbar alles einfacher. Da haben in der Schule auch noch Lehrer (ohne „-innen“) unterrichtet, wo sie heute als männliche Orientierungshilfe schmerzhaft fehlen.

Das große Problem des 21. Jahrhunderts seien die ungebildeten Männer, sagt der Politologe Gilles Duhem in einem „Zeit“-Interview. Für sie gibt es nicht mehr, wie früher, einen fixen Platz in der Gesellschaft, im Heer, in der Fabrik, in der Kirche. Trotzdem hätten sie aus Jahrhunderten die Vorstellung geerbt, quasi naturgemäß „Boss“ zu sein und würden jetzt links und rechts überholt von Mädchen und Frauen, die sich mit den Gesetzmäßigkeiten der heutigen Welt besser zurechtfinden. Das muss einmal einer verdauen! Zwei Drittel der Förderschüler sind männlich, ebenso wie 75 Prozent der Wohnungslosen. War also die Einrichtung der vielbelächelten Männersektion im Sozialministerium dann doch keine so schlechte Idee? Sind Männer das neue „schwache Geschlecht“?